Tast Club
Viel Gin, viel Stimmung
Club ist schon der richtige Ausdruck. Hier dreht sich alles um die lange Bartheke, an der man Platz nehmen und sich bewundern lassen kann oder vor der man einen der hohen Tische erbitten darf. Daneben existieren in dieser Institution des Tagund Nachtlebens noch andere Räume, eine riesige Zigarrenauswahl steht gut klimatisiert zur Verfügung, das Angebot an Spirituosen ist gewaltig und stellt jenes der Weine locker in den Schatten. Dass man den Tast Club suchen muss, weil von außen wenig auf eine Lokalität deutet, ist wohl Teil des Erfolgsrezepts. Und dass viele Gäste eher spät kommen, scheint klar zu sein: Man muss ja nicht unbedingt essen, kann es beim Trinken belassen oder sich, wenn der Appetit doch noch irgendwann zu nagen beginnt, mit Häppchen begnügen. Wir waren früh dran und bekamen mit, wie die Servicekräfte allmählich, nach und nach zum Dienst erschienen, wie Köche Lebensmittel durchs Lokal trugen und irgendwo verschwanden. Dass ein wenig sympathischer Typ einer Blonden auf den Allerwertesten klopfte, während die Empfangsdame, an den Tresen gelehnt, minutenlang im Reservierungsbuch blätterte, gehört wohl zum Schauspiel.
Wir freuten uns an der Show des Sehens und Gesehenwerdens und bestellten, weil wir es nicht übertreiben wollten, keinen Gin Tonic, sondern Sherry. Tio Pepe, um genau zu sein, einen der bekanntesten trockenen AllzweckSherrys Spaniens, frisch und knackig, am Tisch eingegossen. Wird vermutlich weniger häufig bestellt als coole Cocktails, denn die Servicefrau, die wir um den Wein baten, musste erst nachfragen, ob Fino Sherry da war; Gins in diversen Ausführungen reihten sich dagegen in den Regalen hinter der Theke. Hendrick’s, Mare oder Monkey’s – das Angebot ist international. Jenes der Speisen auch. Wir treten dem Tast Club gewiss nicht zu nahe, wenn wir behaupten, dass die Speisekarte nicht allzu oft runderneuert werden dürfte. Die Spezialitäten, die im vergangenen Jahr verzehrt wurden beim Test der Mallorca-geht-Aus!Equipe, schienen auch dieses
Mal alle da zu sein. Man kann wählen zwischen Happen wie dem Oktopus mit Kimchi (drei Euro), dem Käsebrett (acht Euro die kleine Portion) oder dem Russischen Salat (neun Euro), der ja in Deutschland seit Jahrzehnten aus der Mode gekommen, in spanischen Tapaslokalen aber immer noch lebendig ist – der Himmel weiß, aus welchen Gründen. Wir starteten mit Pa cristal (3,50 Euro), knusprig, gut gewürzt, machten mit Schinkenkroketten weiter (sie kosten 1,25 Euro pro Stück und hätten nach unserem Geschmack etwas mehr Schinkengeschmack enthalten können). Dann Hummer-Ceviche, eine der teuersten Vorspeisen (14 Euro die kleine, 22 Euro die große Portion). Keine Attraktion, leider, denn der Hummer blieb blass, während die Zwiebeln und die nicht ganz reif wirkenden Kirschtomaten überwogen. Ob wir den Rest noch löffeln wollten, fragte der Kellner, aber wir lehnten ab. Umso besser gelangen dagegen die Kutteln im Madrider Stil (acht Euro die kleine, zwölf die große Portion). Eine üppige Angelegenheit, warnte der Kellner, doch wir waren mutig und bereuten es nicht, denn der Innereien-Eintopf war gut abge- schmeckt, die Fleischstücke besaßen die richtige Konsistenz. Nach zwei angenehmen Stunden waren wir sicher, dass es nicht in erster Linie das Essen ist, das einen in den Tast Club lockt. Coole Drinks, tolle Stimmung, charmante Kellnerinnen und Kellner plus gute Zigarren: reicht allemal für eine warme Empfehlung! wf