Sumailla
Japanisch-peruanische Brise
Die Zeiten ändern sich. Auch in Port d’Andratx. In den letzten Jahren ist das eine oder andere Restaurant aus der ersten Hafenreihe verschwunden, das dort lange präsent war. Gründe dafür mag es einige geben, das Beste daran: Platz für Neues ist entstanden, und das Sumailla ist in eine der Lücken am Ende der Reihe geschlüpft. Ihm gebührt die Ehre, den Japan-Peru-Trend und damit mal was Neues ins kulinarisch eher klassisch orientierte Port d’Andratx gebracht zu haben. Gut so! Nun haben wir auch hier wieder einen schönen Platz direkt am Wasser, den wir Ihnen guten Gewissens empfehlen können. Wer auf der an kühlen Tagen auf der dann rundum verglasten Terrasse
Platz nimmt, ist nur durch die Scheibe von den heranrollenden Wellen getrennt, die an stürmischen Tagen auch schon mal ganz schön hoch sein können. Wir werden dort an einem noch nicht wirklich lauen Frühlingsabend gleich mit Decken versorgt, eine Wärmelampe leuchtet vorsorglich über unserem Tisch. Im minimalistisch eingerichteten Inneren, in dem eine größere Gruppe Einheimischer sitzt, gibt es zwischen schlichten Betonwänden mit nur wenig ZeitgeistDeko eine schicke Bar und na- türlich weitere Sitzplätze. Drinnen wie draußen sind die Tische edel eingedeckt, auf den Tellern liegen neben Besteck und Stoffservietten auch Stäbchen bereit. Um es gleich vorwegzunehmen: Fleisch kann man hier natürlich auch essen. Australisches Rib-Eye vom Grill zum Beispiel, Ibérico (23 Euro) oder 24 Stunden bei Niedrigtemperatur gegarte Lammkeule (28/24 Euro). Sowie natürlich ein Sukiyaki aus Kalbssteak, unter anderem mit Trüffel (26 Euro). Uns hat beim Blick auf die Karte aber gleich das umfassende Angebot an Roh- und Halbrohfischhappen Appetit gemacht. Die gibt es hier in einer Vielfalt, wie wir sie selbst in Palmas Restaurants, die sich wie das Sumailla ebenfalls der japanisch-peruanischen Küche verschrieben haben, noch nicht erlebt haben – wobei die japanische Küche eindeutig dominiert. Es wimmelt nur so von Tatar und Tataki, Tempura und Tiradito, Teriyaki und Teppanyaki – alles auf der Basis von Fisch –, Sushi und Sashimi. Es gibt klassische Misoshiru-Suppe und Edamame (neun/sieben Euro für eine große, fast schon sättigende Portion), Schneekrabben- und Goma-Wakame-Salat (neun/ zehn Euro) sowie Yakitori vom Freilandhuhn (15 Euro) und einiges mehr. Herrlich! Wir gönnen uns erst mal einen Vermut (fünf Euro) und beraten mit dem äußerst professionellen Service unsere Weinauswahl. Er fragt, was wir gerne mögen, wir sprechen von autochthonen Trauben, er denkt an einen 100-prozentigen Prensal blanc, der dann aber doch aus ist. Am Ende wird’s der Nounat von Binigrau, eine Cuvée aus Chardonnay und Prensal blanc, fast immer eine gute Wahl (Flasche 33 Euro).
Der ist stark genug, um es mit zarten Zitrus- und kräftigen Miso-Aromen aufzunehmen. Als Düsseldorfer bilden wir uns ein, uns in Sachen Rohfisch auszukennen, schließlich haben wir zu Hause die größte Nippon-Gemeinde Europas und entsprechend viele Sushi-Bars und japanische Restaurants. Das Sumailla kann locker mithalten: Unser Sushi Moriawase, das wir wie alle folgenden Speisen teilen – eine gemischte Sushi-Platte (35 Euro) – finden wir großartig. Sechs Nigiri – Weißfisch, Thunfisch, Lachs von bester Qualität – sechs Hosomaki und acht Uramaki, also Inside-out Rolls, sind perfekt gerollt und schlichtweg köstlich. Wie immer isst beim Japaner auch das Auge mit, doch selten haben wir Sushi so dekorativ angerichtet gesehen wie hier. Da brauchen wir doch noch ein Extra-Portiönchen vom Ingwer – es wird flugs gebracht und nicht berechnet. Sushi kann der Küchenchef Mauricio Farinola, der sich seine Lorbeeren unter anderem in zwei weiteren asiatischen Restaurants Mallorcas erwarb, also schon mal ziemlich gut. Und was ist mit peruanisch? Das Ceviche nach Art des Hau-
ses (21 Euro) aus weißem, tagesfrisch gefangenem Fisch mit Süßkartoffeln, roten Zwiebeln, Mais und korrekt dosiertem frischen Koriander hat jene Zitrusfrucht-Note, die ein gutes Ceviche ausmacht. Die Karte vermerkt, dass es zudem mit Arbequina-Olivenöl zubereitet wurde – das schmecken wir nicht wirk lich heraus. Wir haben aber noch mehr Lust auf Rohfisch mit Zitrusaromen, weswegen wir uns noch ein „Tiradito New Style“(18 Euro) bestel len, das mit scharfer Zitrussauce annonciert wird.
Auch hier geben rote Zwiebel und Koriander hauchdünnen Scheiben vom wilden Wolfsbarsch den letzten Schliff, Lachsrogen setzt optische Kontraste auf dem sowieso schon traumhaft schön angerichteten Fisch. Japanisch essen gehen ist auch in Deutschland kein kostengünstiges Vergnügen. Uns Düsseldorfern erscheinen Preise wie 31 Euro für eine gemischte Sashimi-Platte mit 20 Stück oder fünf bis sieben Euro für ein Stück Nigiri, wie sie das Sumai l la aufruft, völ lig normal, um nicht zu sagen, preiswert – vor allem bei der Produktqualität, die hier geboten wird. Und wir haben – außer in Düsseldorfs japanischem Sternerestaurant – Sushi und Sashimi noch nie in einer solch gepf legten Fine-Dining-Atmosphäre genossen. Das Ganze noch direkt am Meer …
emkazwo