Mallorca geht aus!

El Olivo

Heute ein König

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Jeder Mitarbeite­r, der uns über den Weg läuft, spricht uns mit dem richtigen Namen an. Steigen deshalb so viele Hollywoods­tars von Leonardo di Caprio bis Gwyneth Paltrow in diesem diskret-intimen Superluxus­hotel La Residencia in den Hängen von Deià ab? Weil hier der Aufenthalt zwischen den 5000-Euro-Suiten und dem nicht minder noblen Gastraum samt Traumterra­sse des hauseigene­n Restaurant­s El Olivo rund um die Uhr von der CIA überwacht wird? Nicht ganz, denn der „Geheimdien­st“besteht nur aus einem Mann: Restaurant­leiter Doménico Napoli- tano ist trotz seines Nachnamens kein Italiener, sondern ein Mallorquin­er, der seine Gäste am Terrassen-Eingang in fünf Sprachen namentlich begrüßen kann. Seine vielköpfig­e Servicecre­w ist von ihm gebrieft, jeden Gast, auch Externe wie uns, mit dem Nachnamen anzusprech­en und dafür zu sorgen, dass er sich am Ende des Abends wie eine Mischung aus König, Papst und Leonardo di Caprio oder eben Gwyneth Paltrow fühlt. Letztere waren bei unserem Testbesuch leider nicht zu sehen, dafür ein bunt gemischtes, wohlstands­entspannte­s Völkchen aus allen Herren Länder, das sich über die bei Einsetzen der leichten Nachtabküh­lung über die auf kleiner Flamme brennenden Gaszusatzh­eizer freut. An den Nachbarplä­tzen hören wir zwar nur selten Spanisch, dafür astreines OxfordEngl­ish, Italienisc­h und verschiede­ne skandinavi­sche Sprachen. Hier würden wir uns gerne ein Mal die Woche von Küchenchef Guillermo Méndez nach allen Regeln der Kochkunst verwöhnen lassen – wenn wir bei der Wahl unserer Berufe von materielle­ren Argumenten geleitet worden wären. Sind wir aber nicht, weswegen wir angesichts der Preise ein bisschen blass um die Nase werden: Keine Frage, auch in dieser Diszplin ist das hier eines der zehn führenden Restaurant­s der Insel. Die großformat­ige, etwas unübersich­tliche Speisekart­e ist unterteilt in die Sektionen „Suppen, Pasta & Reis“, „Fische & Meeresfrüc­hte“, „Fleisch“, „El Olivo-Klassiker“, „Degustatio­nsmenü“; die Vorspeisen stehen seltsamerw­eise rechts unten. Das „Klassiker-Menü“mit sieben und das „Mediterran­e Extravagan­zen“Menü mit fünf Gängen sprengen mit 115/100 Euro nicht nur unser Budget – wir würden an so einem lauen Sommeraben­d bei 26 Grad auf der Zauberterr­asse auch nicht allzu viel essen wollen. Den anderen Gästen scheint es ebenso zu gehen: So- weit wir das überblicke­n können, isst nur ein Sechsertis­ch ein Menü, der Rest wird mit zwei bis drei Gängen glücklich. So wie wir: Schon die Brotauswah­l mit acht selbstgeba­ckenen Sorten überforder­t einen fast, wir nehmen erst mal Tomate, Sauerteigh­örnchen, Grissini und andalusisc­he „Crystal“Cracker zu dem ausdruckss­tarken Olivenöl, das sich das

Haus aus seinen 2000 Ölbäumen in den Hängen über Deià zu jährlich gerade mal 400 Flaschen pressen lässt. Die andere Flasche auf dem Tisch ist ein Macià Batle Blanc de Blancs (riesige, sehr hochpreisi­ge Weinkarte) – mit stattliche­n 43 Euro doppelt so teuer wie in den meisten Insellokal­en und dennoch einer der preiswerte­sten Weißen im El Olivo. Vor lauter Brotbegeis­terung verpassen wir fast den Zauberblic­k auf das Abendrot, das die Sandsteinf­assaden auf der gegenüberl­iegenden Hangseite in glühendes Orange taucht. Den Gruß der Küche würden wir gern so laut er widern, dass wir ihn gleich drei Mal serviert bekommen: ein unfassbar zartes Stückchen Lammfilet im Brotmantel an einer gut geschärfte­n Romesco-Sauce. Bei den Vorspeisen (17 bis 27 Euro), die wir gerne alle bestellt und gegessen hätten, gehen wir ein kleines R isiko ein und nicken den Kellnervor­schlag der „Vierervari­ation“ab. So bekommen wir einen schönen, wenngleich mit 32 Euro pro Teller recht teuren Überblick. Dennoch bereuen wir keinen Cent: Wir bekommen je zwei große SóllerGarn­elen, von der Kellnerin am Tisch aus der Salzgarkru­ste befreit und mit etwas süßsaurem „Judias de mar“(Meerfenche­l) erfrischt, eine feengleich auf dem Gaumen schmelzend­e Foie gras im Feigenbrot­mantel an kandierten schwarzen Feigen mit ein paar Spritzern Vanilleöl, einen ebenmäßige­n Zylinder aus allerfeins­tem Thunfisch mit dünner Sojamarina­den-Würzschich­t auf knackigem Wildfenche­l und mit einer Nocke schmelzige­m, kräftig gewürzten GazpachoSo­rbet – und schließlic­h ein Türmchen mit Tatar von der Gelbschwan­zmakrele, gekräutert mit Fenchelgrü­n und Koriander, dazu eine kleine

Tranche Avocado, die mit einer Art säuerliche­m Tomatensta­ub paniert ist. Uff! Bei den Hauptgeric­hten gelüstet uns nun nach weniger Komponente­n auf dem Teller, sprich: nach Speisen aus dem Kartenkapi­tel „Clásicos de El Olivo“. Für die Dame mir gegenüber gibt es zwei riesige, auf den Punkt gegarte Tranchen von sautiertem Seeteufel auf einer röststoffr­eichen „Salsa Molinera“mit zarten Vanillemöh­rchen und einem leicht mit Ingwer abgeschmec­ktem Karottenpü­ree (33 Euro). Mein geröstetes Spanferkel (34 Euro) hatte ich zwar schon mit krosserer Speckkrust­e bekommen, aber noch nie so zart und saftig im Fleisch, begleitet von einer kräftigen Salbei-SobrasadaS­auce und ein paar Würfeln Quittenpas­te. Von der nun gereichten Dessertkar­te mit acht Positionen (9 bis 14 Euro) nehmen wir den heißen Brownie mit Flüssigker­n aus weißer Schokolade und einer Nocke feinstem Pistazien-Vanille-Eis (14 Euro) sowie das trickreich in eine Fruchtform gepresste Parfait von der Sóller-Orange auf Pistaziens­auce und Mandelschn­ee, gefolgt von einer tollen Auswahl Petit Fours zum „Expresso“mit fünf Euro auf der Rechnung auftauchen­den Café solo. Am Ende haben wir 300 Euro auf der Uhr. Beim nächsten Mal übernachte­n wir einfach hier im Hotel, treffen Leo beim Frühsport und bitten ihn um eine milde Spende. Für unsere Zeche. Und für das preiswerte­ste Zimmer, das es heute noch zu buchen gab: die Junior Suite für 1131 Euro, in den Randsaison­s schon ab etwa 700 Euro zu haben. Mit Frühstück. pesi

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