Sa Xarxa
Logenplatz am Meer
Wer mit seinen regelmäßigen Colonia de Sant Pere-Besuchen ein paar Jahre Pause gemacht hat, freut sich auf die neuerliche Stippvisite im äußersten Nordosten der Insel: Auf den nicht zu bezahlenden Blick über die großartige Bucht von Alcudia, die tatsächlich die größte und wohl auch schönste ist unter den anderen großen und schönen vor Palma, Pollença, Sóller oder Artà. Auf ein ruhiges sonnenbeschienenes Plätzchen unter einer der alten Tamarisken, die an der nur ein paar hundert Meter langen Promenade mit ihrer Schieflage unter Beweis stellen, wie sturmerprobt sie sind. Und am Ende bei Sa Xarxa auf ein Stück von dem leckeren Mandelkuchen und einen gewohnt guten Cappuccino. Dieses Mal sollten Kaffee und Kuchen aber erst das Ende der Speisenfolge bilden, denn es gab mit Vorspeise und Hauptgang ein kapitales Mittagessen, zumindest, was die Größe der Portionen anbelangt. Gefühlt gibt es das Sa Xarxa am hinteren Ende der mit zahlreichen Sitzbänken und neu gepflanzten Tamarisken aufgehübschten Promenade seit Jahrzehnten. Auf den ersten Blick hat sich so gut wie nichts verändert. Es gibt zwei sehr schön eingedeckte Tischreihen am Meerufer, dazu eine weitere mit kleinen Zweiertischen in Tuchfühlung mit der ockerfarbenen Hauswand. Drinnen hat das patinabelegte Mobiliar nichts von seiner Gemütlichkeit hergegeben. Blickfang ist außer der auffallend deko- rativen Theke direkt am Eingang das Tapas-Schiff, auch das steht mit seinem großartigen Sortiment seit einer gefühlten Ewigkeit an Ort und Stelle. Gegenüber ist eine Vitrine aufgebaut, in der sich auf Eis fangfrisches Meeresgetier wie Drachenkopf, Goldmakrele, Tintenfisch oder Hummer präsentiert – nur dieses Mal noch nicht. Die Begründung der freundlichen Kellnerin erinnert stressbeladene Mitteleuropäer daran, dass sie sich am äußersten Zipfel Mallorcas befinden und einfach nur relaxen sollten: „Das hat noch nicht geklappt, wir haben ja erst seit einer halben Stunde geöffnet.“Schade, denn der hier servierte Fisch wird sozusagen direkt vor der Haustür gefangen, in der Bucht von Alcudia. Also wieder raus zum Logenplatz unter der Tamariske, hinsetzen und entspannt aufs spiegelglatte, aquarellfarbene
Meer gucken. Zum Runterkommen helfen ein Glas Cava Aperol (5,50 Euro), ein Campari Soda (4,50 Euro) und die ordentlich Zeit in Anspruch nehmende Lektüre der Speisekarte. Bei ihr könnte man sich fragen, ob all dies in einer der hintersten Ecken Mallorcas wirklich nötig ist. Aber das mag jeder sehen wie er möchte. Es gibt fünf „Saisonale Empfehlungen“von gegrillten Jakobsmuscheln mit Weißweinschaum und karamellisiertem Chicoree (14,50 Euro) über hausgemachte Ricotta-SpinatRavioli (eine echte Köstlichkeit, 17,50 Euro) bis hin zum Hummer vom Grill (39 Euro). Dann neun Vorspeisen vom Thai-Kokossüppchen mit Bio-Huhn und Ingwer (9,50 Euro) bis zum Sashimi vom roten Thunfisch (24,50 Euro). Weiter Salate mit R inderfilet (16,50 Euro), mariniertem Thunfisch (18,50 Euro) oder mit Avocado, Mango und Büffel-Mozzarella (14,50 Euro). Fünf Pasta-Gerichte für 13,50 Euro (Taglierini mit frischem Marktgemüse) bis 18,50 Euro (hausgemachte Ricotta-Limonen-Ravioli). Zusätzlich zur Vitrine sechs Mal Fisch für 20,50 (gegrillte Dorade) bis 25,50 Euro (gebratenes Seeteufelfilet). Vier Mal Fleisch für 24,50 (Medaillons vom iberischen schwarzen Schwein) bis 34 Euro (Dry-aged Rinderfilet mit Spinat und Trüffelpüree). Schließlich sechs Mal Dessert für 8,50 (Crema catalana) bis 13,50 Euro (Kaisernockerln) –und vier Mal Kuchen. Wir trinken erst mal ein Glas Wein: Der Blanco von mehr als 300 Jahre alten Bodega Ribas, ein Prensal blanc mit ein bisschen Viognier, ist schön frisch und mit Honig- und Pfirsicharomen ein kleines bisschen fruchtig (Glas 5,90 Euro). Statt des üblichen Auftakts mit Brot, Oliven und Aioli fiel die Entscheidung zugunsten einer Variation von mallorquinischen Tapas mit leckeren Babysardinen, Babytintenfischen, Datteln im Speckmantel und Pimientos (18,50 Euro), bei der zwei Hungrige schon ihre liebe Mühe hatten. Die sich anschließende große Portion Taglierini mit Langostinos (18,50 Euro) hätte ebenfalls gut und gerne zwei Esser zufrieden gestellt. Das einzige Problem: Viele Nudeln, aber leider nur sechs sehr kleine Tierchen. Die Milchlammkoteletts mit TrüffelVenere-Risotto, angedrückten Knoblauchzehen und einer kompletten, merkwürdigerweise im Rohzustand gebliebenen Frühlingszwiebel (25,50 Euro) stammten einmal nicht von mallorquinischen Lämmern, sondern kamen aus Irland. Wer sich essensmäßig lieber in heimischen Gestaden aufhalten will, für den gibt es schöne Alternativen: Fürs gleiche oder auch weniger Geld liefert die Sa Xarxa-Küche Seeteufel, Dorade, Bio-Lachs oder Thunfisch in bester Qualität – sehr zu empfehlen, denn dafür ist sie gut bekannt. ros