Casa Manolo
Altbewährtes in neuer Atmosphäre
Als wir in dem beliebten Restaurant in Ses Salines aufschlagen, staunen wir nicht schlecht, denn die Casa Manolo hat Zuwachs bekommen. Statt uns in dem schmalen Raum mit den mit Fotos tapezierten Wänden einen Platz zuzuweisen, führt uns die Bedienung durch einen Gang ins Nebengebäude, wo wir – hoppla
– in einem großen, nagelneuen Bistro-Restaurant stehen. Auch hier hängen Schinkenbeine von der Decke, das Interieur ist aber viel moderner, die Atmosphäre gediegener als im alten rustikalen Lokal – wo man übrigens auf Wunsch immer noch einen Tisch reservieren kann. Die obere Etage, früher ebenfalls Teil des Restaurants, wird heute nur noch für Gesellschaften genutzt. Die Musik spielt jetzt eindeutig in dem frisch renovierten antiken Wohnhaus, in dem seit Mitte Februar die Gäste wie in einem großen Familienesszimmer empfangen werden. Im Raum verteilen sich rund 16 Marmortische, es gibt eine lange gemütliche Holzbank, Kugelleuchten, eine große Wandtafel und einen schönen Thekenbereich. In einem gläsernen Kasten hängen rohe Fleischstücke zur Schau (Filet vom Ibérico, Entrecote, Filet und Kotelett vom Rind), auch wenn das familiengeführte Lokal vor allem für seine Fischspezialitäten wie den Hummereintopf bekannt ist. Noch immer kümmern sich Vater Manolo und seine Schwiegertochter um die Gäste, während sich Mutter und Sohn die Küche teilen. Auch bei den Gerichten ist sich die Familie treu geblieben. Auf der Karte findet man zunächst eine große Auswahl an Tapas (in kleiner, mittlerer und großer Portion), die seit 1945 im Haus serviert werden, als Manolos Vater die Erlaubnis erhielt, Wein und Likör auszuschenken. Darunter hausgemachte Hackfleischbällchen, Stockfischkroketten und Rinderzunge mit Kapernsauce
(je 4,30 bis 8,50 Euro) oder fünf Jahre alter Jabugo-Schinken
(7,10 bis 19,80 Euro). Wir arbeiten uns zu den speziellen Tapas aus der Küche vor, entdecken Bunyols von Seeanemonen, die wir noch nie gegessen haben und unbedingt probieren möchten. Auch die Krabbenkroketten Camarones klingen interessant, dazu bestellen wir zwei Mal die gebratenen Artischocken mit Parmesan und Trüffel sowie je eine mittlere Portion Pulpo de Gallega und Miesmuscheln aus Menorca. Die Karte listet noch andere Meeresfrüchte vom Grill wie Herz-, Venus- und Messermuscheln sowie Garnelen aus Sóller (Portion ab 12,50 Euro). Und es gibt eine große Auswahl an frischem Fisch, der zwischen Colonia de Sant Jordi und Cabrera aus dem Wasser gezogen wurde. Das kann beispielsweise ein Seebarsch oder eine Zahnbrasse sein, die Zubereitung im Salzmantel ist eine Spezialität des Hauses (64,90 Euro, mindes- tens zwei Personen). Wir belassen es erst einmal bei den insgesamt fünf Tapas, bei Bedarf können wir jederzeit nachbestellen. Zum Essen wird uns ein Chardonnay blanc 110 aus Binissalem (Flasche 20,30 Euro) begleiten, vom Rot-, Weiß- und Roséwein lässt sich glasweise ordern (Glas ab 2,50 Euro), ebenso wie vom Cava (ab 3,50 Euro). Brot, Aioli, Wein und Wasser kommen zügig auf dem Tisch, im Restaurant herrscht eine geschäftige Atmosphäre, an einem Sonntagabend um halb neun sind bereits alles Tische besetzt. Vorwiegend mit deutschem Publikum aus dem Inselosten, doch es gibt auch eine große mallorquinische Tafelrunde. Die Tapas werden hübsch nacheinander serviert, kommen frisch und heiß aus der Küche. Der Pulpo ist auf den Punkt gebraten und herrlich saftig, die Seeanemonen-Bällchen haben einen soften Meergeschmack und einen weichen, etwas glibberigen Kern, schmecken insgesamt aber ganz gut, auch für den ungeübten Meerestiergaumen. Die Krabbenkroketten können da nicht mithalten, mit mehr Panade als Krabbe liegen sie etwas schwer im Mund und sind auch geschmacklich nicht der Renner. Dafür munden die gebratenen Artischockenscheiben mit Trüffelöl aber ganz hervorragend, und die Mejillones (Miesmuscheln) haben wir lange nicht mehr so frisch und gut gegessen. Wir legen eine kleine Pause ein und beobachten, wie Manolo am Nebentisch einen Tintenfisch entgrätet, das Fleisch mit Tinte bestreicht und in Stücke teilt. Er schaut zu uns herüber: „Es el plato estrella de la casa“, der Renner auf der Karte sozusagen. Zehn Minuten später teilt er vor unseren Augen einen im ganzen gebratenen Tintenfisch in Stücke, bestreut ihn mit Kokossalzblüten und träufelt großzügig Olivenöl darüber (26,20 Euro). Manolo bringt uns neues Brot für die „barquitos de pan“, so nennen die Mallorquiner die schöne Gewohnheit, den Teller zum Schluss mit einem Stück Brot leer zu wischen. Eigentlich sind wir nach dem köstlichen Tintenfisch restlos glücklich, doch die Dessertkarte ist schlicht zu groß, um sie zu ignorieren. Es gibt verschiedene Kuchen (Mandel, Orange, Schoko, Käse je 5,20 Euro), Zitronenund Mandarinensorbet (5,20 Euro) sowie hausgemachtes Eis.
Wir entscheiden uns für das Requesón-Eis, hergestellt aus einem Weichkäse aus Mahón, garniert mit Tomatenmarmelade (5,20 Euro) – eine gute Wahl. Als wir die Rechnung bestellen, möchte Manolo uns noch etwas Gutes tun und bringt als Absacker ein Gläschen Cava. Spritziger kann man den Abend kaum beschließen. juc