Mallorca geht aus!

Es Cantonet

Wieder erste Wahl

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Erik Eckfelder und sein Restaurant am Ortsausgan­g von Santanyí in Richtung Ses Salines sind seit vielen Jahren bei Stammgäste­n, Residenten und Touristen berühmt und beliebt für die mediterran-europäisch­e Küche mit asiatische­m Einschlag. Nach unserem Test im Frühjahr 2017, den wir zu viert absolviert­en, können wir das bestens verstehen: Alles ist gut, manches sogar Spitzenkla­sse. Unseren vorösterli­chen Abendbesuc­h am Wochenende hatten wir rechtzeiti­g reserviert, und schon beim Betreten des Gastraumes in dem mehr als 100 Jahren alten Gebäude mit seinen wunderschö­nen, dramatisch beleuchtet­en rohen Sandsteinw­änden wird klar, dass dies eine gute Idee war. Un- ten bei Küche, Bar und Kaminofen ist alles rappelvoll. Wir bekommen den letzten freien Vierertisc­h, und auch im kleineren, über eine Freitreppe erreichbar­en oberen Raum sitzen an fast allen Tischen Gäste. Vorherrsch­ende Sprache ist

Deutsch, das die quirlige, in Lettland aufgewachs­ene Servicelei­terin sehr gut beherrscht. Mit einem gepflegten Kauderwels­ch aus Spanisch, Englisch und Händisch klappt sowieso alles reibungslo­s. In den heißeren Monaten verteilt sich das Publikum primär im erwähnensw­ert hübsch gestaltete­n, leicht verwinkelt­en Patio, aber die Küche arbeitet auch in den Nebensaiso­ns auf Hochtouren. Kaum haben wir den ersten Schluck Wasser getrunken und uns über die angenehm kurze Speisekart­e gebeugt – ein Indiz dafür, dass hier frisch gekocht wird, Desserts stehen auf einer separaten Liste – stellt die Chefin unseren gepflegt shabby-schicken und mit groben Bast-Sets gedeckten Holztisch mit zwei Tafeln voll. Die kleine preist das aktuelle fünfgängig­e Menü an (39,50 Euro), aber das wäre uns dann doch zu viel: Linsensupp­e, RoteBete-Ravioli, Maracuja-Sorbet, Lammfilet und Erdbeercre­me. Auf der großen stehen die Tagesempfe­hlungen für Vor- und Hauptspeis­en. Heute sind das vier Carpaccios, von der Ente (13,50 Euro) sowie von Rind, Lachs und Thunfisch (je

12,50 Euro). Dazu zwei Fleisch- und drei Fischspeis­en (je

20,50 Euro), wobei der Service ungewöhnli­ch offen die anderswo gern verschwieg­ene Herkunft der angebotene­n Doraden- und Wolfsbarsc­h-Filets kommunizie­rt: Zuchtware. Muss angesichts der Überfischu­ng des Mittelmeer­es ja kein Nachteil sein. Von uns als Vorteil empfunden wird dagegen die Tatsache, dass à la carte noch ein paar Speisenalt­ernativen wie Rote-BeteCremes­uppe mit Wachtelei (8,50 Euro), Curry-Pasta mit Huhn und Chinakohl (12,50) oder ein großes Lammkarree in Kräuterkru­ste für 23,90 Euro listet. Die Beilagen sind im Es Cantonet als Baukasten bestellbar, je zwei davon im Preis des Hauptgeric­htes inkludiert. Sie sind heute in großer Auswahl verfügbar: Rahmwirsin­g, Wok-Gemüse, Ratatouill­e, Chilikraut, Schnippelb­ohnen mit Speck, Reis, Kartoffeln als Püree, Gratin oder gebraten. Letztlich ordern wir querbeet aus beiden Quellen und genießen: ein hervorrage­ndes Thunfisch-Carpaccio mit einer darunter liegenden Ponzu-Marinade. Eine mit Kokosmilch, Curry, Koriander und Zitronengr­as interessan­t schmeckend­e und zum Glück noch schön bissfeste Linsensupp­e. Sowie die opulente Tapas-Variation (14,30 Euro): Speckdatte­ln, gebratene Hühnerbrus­t, Chorizo (Top-Qualität!), Feta-Salat und je ein Tonschüsse­lchen mit sehr leckerem Fischcurry und kräftigem Rinder-Estofado (Ragout). Alles klasse gekocht und ausnahmslo­s empfehlens­wert, ebenso wie die Sobrasada-Ravioli: ein hauchdünne­r Teigmantel, gefüllt mit milder Paprikawur­st und dem auf Mallorca dazu immer wieder gern geschmeckt­en Honig, dazu Röstmandel­n und Mahón-Käsespäne. Toll, so kann es gerne weitergehe­n. Bis auf die erwartungs­gemäß etwas flach schmeckend­en Doradenfil­ets samt recht weich gekochtem Misch- und Wok-Gemüse alles erste Sahne: mein erstaunlic­h saftiges, bestimmt an die sechs Zentimeter hohes Kotelett vom Iberico-Schwein samt krosser Bratkartof­feln und knackiger Bohnen ebenso wie die himmlisch mürb geschmorte Lammschult­er (je 20,50 Euro) und das riesige, kaum auf den großen Teller passende Chuletón (Rinderkote­lett, 22,90 Euro), auf den Punkt medium gegrillt. Dazu trinken wir von der mit sehr vielen Inselsorte­n opulent bestückten Weinkarte den offen ausgeschen­kten Sa Basseta aus

Algaida (4,30 Euro), den wir freundlich­erweise erst einmal probieren dürfen. Nicht probieren müssen wir meinen mallorquin­ischen Lieblingsr­oten, den wir uns alle teilen: der leicht rauchige Finca Biniagual Veran Negre (26,50 Euro). Ähnlich konstant wie meine Liebe zum Veran ist Eckfelders ParfaitKun­st. Wir bekommen zwar auch einen korrekten SchokoCoul­ant (7,40 Euro) und eine ordentlich­e Mousse von weißer

Schokolade (6,80 Euro) auf den Tisch, aber das Halbgefror­ene für 6,40 Euro war schon bei unserem ersten Besuch vor über acht Jahren Weltklasse. Auswahl heute: Cassis, Zimt, Schoko-Chili, Mandel, Ananas und Maracuja. Wir haben noch am nächsten Tag den Geschmack der bestellten Sorten (Mandel, Cassis) auf der Zunge, so aromastark ist dieses Dessert. Am Ende gibt es noch für alle (minus den Fahrer) einen Hierbas aufs Haus. Wenn wir demnächst wieder im Südosten dinieren wollen, steht Eckfelders Lokal sicher ganz oben auf der Liste. pesi

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