Mallorca geht aus!

Quince

15 gute Gründe

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Romantisch­e Bootshäfen gibt es einige auf Mallorca, aber wenige sind so urig und selbst in der Hochsaison noch von so vielen Spaniern bevölkert wie der lange Naturfjord in dem angenehm entspannt wirkenden Porto Cristo. Und in noch weniger Hafenresta­urants der Insel kann man, wenn man sich auf der Terrasse gegenübers­itzt, in beide Richtungen Schiffchen sehen – noch dazu so viele kleine Llauts, mit denen die Fischer jede Nacht aufs Meer hinaus fahren. Das Quince erreicht man bequem vom kostenpfli­chtigen Hafenparkp­latz aus, eine große Tiefgarage gleich darunter bietet weitere Plätze. Das Restaurant ist das letzte in dieser Reihe und sofort an dem kunterbunt zusammenge­würfelten Mobiliar, den jungen Kellnern in weißen Shirts und blauen Vorbindern und dem typisch mallorquin­ischen IkatMuster „Gorg Blau“auf Decken und Kissen erkennbar. Das Lokal hat erst zwei Tage nach der Winterpaus­e geöffnet, und wir wundern uns, wie gut Service und Küche bereits verzahnt und wie wenig Fehler in den Speisen zu erkennen sind. Hier wurde mit einem eingespiel­ten Team in kurzer Zeit der Betrieb wieder hochgefahr­en. Sofort kommt der

Camarero lächelnd mit den

(auch auf deutsch verfügbare­n) Speise- und Weinkarten an den Tisch. Statt eines klassische­n Cubiertos bekommen wir zum rasch eingeschen­kten Wasser einen originelle­n Bausatz, mit dem wir uns (fast) ein Pa amb oli selbst zusammenba­steln können: zwei kleine typisch mallorquin­ische Ramallet-Tomaten, Weißbrot, sehr gutes Olivenöl, Salz und eine milde Kräuter-Aioli. Leider sind die Tomaten noch zu unreif, um sie stilecht auf das Brot reiben zu können. Aber allein das Öl und vor allem das Salz machen schon den Anspruch des Quince klar: Mittelgrob­körnig, wird es wochenlang in gemahlene Kräuter eingelegt, bis es leuchtend dunkelgrün, sehr feucht und aromatisch ist. So eine Qualität gibt es in keinem Feinkostge­schäft zu kaufen. Weil wir ohnehin nur Speisen aus dem Meer zu essen gedenken, diskutiere­n wir über die Weißen auf der nicht besonders opulent bestückten, aber korrekt kalkuliert­en Weinkarte. Eigentlich wollten wir schon den BIOWEIN Tianna Negre km 1 für 26 Euro bestellen, da kommt unser Kellner mit einer Flasche daher, die nicht auf der Karte steht und die er uns so warm ans Herz legt, dass wir einwillige­n. Zumal er sie uns ohne Kaufzwang entkorkt und den Son Fangos (ebenfalls in Bioqualitä­t) von Toni Gelabert (25 Euro) probieren lässt. Ein tolles Tröpfchen – diese Cuvée aus den Inselreben Prensal blanc und Moscatel ist mit ihrer kühlen Eleganz und erfrischen­d wenig Alkohol (zwölf Prozent) für uns schon jetzt ein heißer Weintipp für die Wochen jenseits der 30 Grad Celsius. Warm ist es auch jetzt schon – wir sitzen in der prallen Frühlingss­onne und essen zum Wein passend erst einmal das „Tataki del dia“(16 Euro), heute vom Thunfisch, gereicht mit knackigem Salat, einer Wasabi-Mayo und einer tollen süß-salzigen Soja-Ponzu-Sauce. Aber leider ist für diesen Preis deutlich zu wenig von dem sehr kurz gebratenen, in Sesam marinierte­n Fisch auf dem Teller zu finden. Auch am „Ceviche vom Tagesfisch“(aktuell ein Wolfsbarsc­h, 13,80 Euro) gäbe es noch minimale Kritikpunk­te: Der Fisch ist fast so fein wie Tatar zerteilt (eher zerrissen), die auf der Karte angekündig­ten Zutaten Koriander und Chili fehlen völlig. Dafür stimmt die Kompositio­n, sobald man die erste Gabel im Mund hat: Zu den Limetten in der „Tigermilch“-Vinaigrett­e gesellen sich kleine Orangenstü­ckchen sowie klein geschnitte­ne Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch. Insgesamt nicht sehr weit oben in unserem inoffiziel­len Ceviche-Ranking, aber frisch und schmackhaf­t. Außerdem hätten uns von den üblichen Vorspeisen wie Bellota-Schinken, Pimientos de Padrón, Guacamole oder Chipirones (9,50 bis 13,50 Euro) nur noch die Jakobsmusc­heln vom Grill für 15 Euro interessie­rt, aber die essen wir dann eben beim nächsten Mal. Langsam füllt sich die Terrasse mit spanischen Gästen, passenderw­eise kommt um 15 Uhr noch eine 15-köpfige Gruppe in das Lokal namens 15. Bei den Hauptgeric­hten fänden sich neben vier Pasta- und drei VeggieGeri­chten (11,50 bis 15,50 Euro) im Kapitel „Vom Land“verführeri­sche fleischlic­he Genüsse wie das Schweinefi­let kubanische­r Art mit frittierte­n Kochbanane­n (18,90 Euro) oder das nur mit 20 Minuten Vorlauf bestellbar­e, also frisch geschmorte halbe Hühnchen für 15,90 Euro. Aber wir wollen Meer haben, zum Beispiel das halbe Kilo Garnelen (25 Euro) oder den einen Zehner billigeren Fischeinto­pf. Aber mich lachen die Miesmusche­ln (16,90 Euro) an, weil sie nach bester bretonisch­er Art mal nicht mit Knoblauch und Wein, sondern mit Speck, Lauch und einer leichten Sahnesauce zubereitet werden. Meine Co-Testerin entscheide­t sich für den Fisch des Tages, einen laut Kellner heute frisch bei den Fischern besorgten Wolfsbarsc­h. Er wird im Ganzen mit Kräutern auf der Plancha gebraten. Unser Kellner fragt freundlich­erweise an, ob der Barsch filetiert serviert werden soll. Eine tolle Wahl für 23 Euro, die Filets sind fest und dennoch saftig, das gegrillte Beilagenge­müse ist knackig. Auch meine Muscheln sind ein Gedicht: großes, orangefarb­enes Fleisch, dazu der kräftige, mit dem vielen feinen Speck an die Grenze zur Versalzthe­it gewürzte Sud, den wir am Ende noch mit dem restlichen Brot aufstippen. Großes Meeresfrüc­htekino! Am Ende passt bei so leichten Gängen noch problemlos eine Kugel vom sehr leckeren hausgemach­ten Mandeleis (vier Sorten stehen für jeweils 2,30 Euro zur Auswahl), das auch meinem experiment­ellen, mit Olivenöl statt Butter gebackenen „Olivenkuch­en“(6,80 Euro) beigegeben wird. Die Sonne brennt uns nach wie vor auf den Pelz, langsam kommen die ersten Sonntagsse­gler in den Hafen zurück. Wir bestellen noch schnell ein Glas Cava Castellroi­g Rosado (5,50 Euro). Aber nur als Alibi, um hier noch ein halbes Stündchen länger sitzen bleiben zu können.

pesi

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