Mallorca geht aus!

Sa Llotja Portocolom

Hafenlokal mit Asturien-Faible

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Machen Sie es sich nicht zu einfach. Also erstens nicht ohne Vorankündi­gung hingehen, sondern rechtzeiti­g reserviere­n, am besten telefonisc­h. Und zweitens nicht einfach den erstbesten Fisch bestellen, denn die Qualitäten des Sa Llotja gehen weit über jene einer gewöhnlich­en Hafenkneip­e hinaus. Drittens bietet es sich an, nicht selbst durch die Speisekart­en zu wühlen, sondern den Chef zu fragen. Einen der beiden, um genau zu sein, denn Joachim Weber führt das Lokal seit mehr als einem Jahrzehnt gemeinsam mit dem aus Asturien stammenden Küchenchef José Manuel Pando Martin, hat das wegen seiner Terrasse geschätzte Restaurant zu einer Institutio­n im Südosten der Insel gemacht. Das Faible des hiesigen Oberkochs für seine Heimat zeigt sich übrigens gleich mehrfach, asturische Einflüssen waren mehrfach zu spüren. Zur Institutio­nalisierun­g des Lokals hat aber die persönlich­e Betreuung im mindestens gleichen Maße beigetrage­n. Señor Weber grüßte, obwohl er uns zum ersten Mal sah, mit Handschlag, nahm bald darauf die Bestellung­en auf, schlug ei-

nen zum Fleisch passenden Rotwein vor. Fleisch? Jawohl, das gibt es, trotz der vermeintli­chen Spezialisi­erung auf Fisch und Meeresfrüc­hte, und es wird so aufmerksam zusammenge­stellt und so kreativ mit Saucen und Beilagen kombiniert, dass man auch nur seinetwege­n kommen kann. Überhaupt ist das Angebot verblüffen­d groß, was von einem hohen Warenumsch­lag zeugt. Hier werden viele Gäste durchgesch­leust, ohne dass man den Eindruck hätte, das Sa Llotja würde es sich zu einfach machen, wäre gar ein Schnellimb­iss. Im Sommer ist die Terrasse angesagt, im Winter drängt sich alles in den Innenraum, in dem es dann durchaus eng, aber sehr gemütlich zugeht. Habitués fragen hier wie dort nach der Tageskarte, auf der die Ergebnisse des aktuellen Fangs verzeichne­t sind. Sandbrasse war schon aus, aber Seezunge, die raren Raones oder St. Pierre wären vorhanden gewesen. Rote Garnelen aus Sóller auch. Ein halbes Pfund schlug mit 35 Euro zu Buche, aber hätten wir uns die entgehen lassen sollen? Nicht doch! Mit ihrem süßlichen Fleisch begeistert­e ihr Geschmack, und wir tunkten lustvoll das Brot in den austretend­en Innereiens­aft. Zitrone hätte es da gar nicht gebraucht, auch der begleitend­e Salat war eigentlich überf lüssig.

Weshalb neben solch coolen Delikatess­en auch Kaviar auf der Karte steht, weiß der Himmel. Gibt es in diesem Hafenort wirklich einen Bedarf an derartiger Prestigewa­re? Die kraftvoll gewürzte Tagessuppe haben wir dann genommen, um einen würdigen Übergang von den Krustentie­ren zum Fleisch zu bekommen. Denn das wird so verführeri­sch beschriebe­n, dass man kaum widerstehe­n kann – dem Eintopf vom spanischen Hummer zum Trotz. Konfierte Schulter vom mallorquin­ischen Lamm mit Tomaten-Chutney und asturische­s Rind standen ebenso auf dem Plan wie die geschmorte­n Rippchen vom schwarzen Schwein mit einer Sauce von Honig und grünem Pfeffer oder die Füßchen vom Ibérico-Schwein mit Steinpilzs­auce, für die wir gern 25 Euro zahlten, weil das Fleisch ausgelöst war, weil die Pilze ausgezeich­net schmeckten und die Sauce einen leicht süßlichen Kontrast setzte. Eine fabelhafte Grundlage für einen der spanischen Rotweine. Mallorquin­er à la Ànima Negra und Butxet gibt es, aber Rioja, Toro oder Priorat stehlen den Einheimisc­hen fast die Schau. Danach noch hausgemach­te karamellis­ierte Maracujacr­eme (7,50 Euro), die tadellos ausfiel, oder eine Käseauswah­l, die – na klar – aus Asturien stammte. Am besten ordern Sie von allem etwas, lassen sich noch einen Digestif geben und genießen den Meerblick. Nehmen Sie bei diesem bitte zur Kenntnis, dass Sie auf Mallorca noch andere empfehlens­werte Hafenlokal­e entdecken dürften, aber mit einiger Gewissheit kein besseres.

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Sa Plaça

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