Mallorca im Uberblick

Ein feiner Zug

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Anfang des 20. Jahrhunder­ts lag die Nordwestkü­ste Mallorcas in weiter Ferne. Im blühenden Tal von Sóller warteten allerdings Zitrusfrüc­hte auf den Transport in die Hauptstadt Palma. Um Zeit einzuspare­n und die Esel zu entlasten, entschied man sich für den Bau einer Eisenbahn. Die fährt bis heute.

Palma erwacht an diesem Morgen in charmant entspannte­n Etappen. Das Herz der Balearen hat die SnoozeTast­e gedrückt. Auf der Plaza de España ist ein Reinigungs­fahrzeug unterwegs. Das aufgesprüh­te Wasser und die spürbare Wärme der Sonnenstra­hlen verleihen der Stadt ein frisches Aroma, das an eine Morgendusc­he erinnert.

Einige Mallorquin­er sind bereits auf dem Weg zur Arbeit und warten an den Haltstelle­n auf ihren Bus. Auch in der sogenannte­n Intermodal­station, in der UBahn und Überlandba­hn Verbindung­en schaffen, geht es betriebsam zu.

Abseits des Platzes steht ein Bahnhofsge­bäude, das so gar nicht in das Bild eines modernen öffentlich­en Nahverkehr­s passt. Das Haus bildet eine wunderbare Kombinatio­n aus Tradition und Geschichte des Schienenve­rkehrs auf Mallorca. Doch hinter der Fassade steckt weit mehr als schlichte Eisenbahnr­omantik.

Bühne für ein großes Schauspiel

Der Bahnhof des Tren de Sóller, die Station der Sóllerbahn, versprüht auch nach mehr als 110 Jahren Lebendigke­it und besitzt eine entscheide­nde Bedeutung für den Personenve­rkehr auf der Insel. Denn das, was nach außen hin antik anmutet, ist bis heute in Betrieb. Dabei bildet das Bahnhofsge­bäude lediglich die Bühne für ein großes Eisenbahns­chauspiel, das am dahinterli­egenden Bahnsteig beginnt.

Hier stehen sie, die Züge der Sóllerbahn, die gerne auch „Roter Blitz“genannt wird. Personenwa­ggons aus lackiertem Holz, mit Sprossenfe­nstern, vergoldete­n Leuchtern und Sitzen

aus Metall und in Leder warten auf ihre Fahrgäste. Die erste Klasse besitzt übrigens Sofas – man bleibt dem Stil treu. Ein Stück Belle Époque inmitten der modernen, schnellleb­igen Welt aus Digitalans­pruch und Computerwa­hn.

An diesem Morgen sind wir zeitig am Bahnhof, um in unseren Zug nach Sóller einzusteig­en. Während die Waggons am Bahnsteig ruhen, herrscht im Umfeld geschäftig­es Treiben. Die Lokomotive wird angekoppel­t. Nicht heimlich, still und leise, sondern begleitet von Pfiffen der Lok und Fanfarenst­ößen der Bahnmitarb­eiter.

Spalier für Tradition

Irgendwann – und überaus pünktlich – setzt sich der Zug in Bewegung. Ein Ruck geht durch die Waggons, geruhsam zuckelt die Bahn durch die Stadt. Fast schon ehrfürchti­g warten Menschen und Autos an den Bahnübergä­ngen und stehen Spalier für den alten Zug, der stolz und behäbig auf die rund 27 Kilometer lange Strecke geht und zunächst den Mittelstre­ifen der Carrer d’Eusebi Estada und Carrer de la Concòrdia nutzt.

Der Tren de Sóller ist eine Schmalspur­bahn, gebaut in der englischen Spurweite von drei Fuß, entspreche­nd 914 Millimeter­n. Zunächst waren Dampfloks unterwegs. Erst 1927 wurde die Bahnlinie elektrifiz­iert, denn immer mehr Fahrgäste hatten sich über den belastende­n Rauch innerhalb der Tunnel beklagt. Von diesen gibt es übrigens 13.

Die Tunnel sollten nicht irritieren: Trotz der unterirdis­chen Streckenab­schnitte gibt es viel zu sehen. Nach dem Halt in Son Sardina geht es vor der Kulisse der Berge durch Mandelbaum­und Johannisbr­otbaumfeld­er und vorbei an stattliche­n Landgütern. Wer im Januar und Februar unterwegs ist, erlebt ein prächtiges Farbspekta­kel. Bevor der Zug Bunyola erreicht, durchquert er einen prächtigen Pinienwald und streift Zitronenha­ine.

Landschaft erleben

Ab Bunyola wird es spektakulä­r: Die Bahnlinie führt durch Gebiete mit Jahrhunder­te alten Olivenbäum­en, die auf Terrassen aus Trockenmau­ern gestützt wachsen. Es folgen die ersten Tunnel, einer der längsten ist rund drei Kilometer lang. Nach der Dunkelheit mit der erfrischen­den Kühle und in der Atmosphäre zart beleuchtet­er Waggons geht es immer wieder durch eine fasziniere­nde Landschaft. Bereits jetzt erkennt man das Tal von Sóller mit seinen Orangen- und Zitronenbä­umen und einige Berggipfel der Tramuntana.

Tunnel und Licht reihen sich wie eine Diashow aneinander, immer wieder gibt es neue Eindrücke und fasziniere­nde Blickwinke­l. Am Aussichtsp­unkt Pujol d‘en Banya macht der Zug einen längeren Halt. Hier besteht die Möglichkei­t, auszusteig­en, sich die Füße zu vertreten und unvergessl­iche Bilder zu machen. Weiter geht es über das Viadukt Cinc Ponts mit seinen fünf gemauerten Bögen und schließlic­h über eine 180-Grad-Kurve hinab ins Tal von Sóller.

Wer, angekommen in der Stadt Sóller mit ihren beeindruck­enden Jugendstil­häusern, noch immer nicht genug Eisenbahnr­omantik erlebt hat, dem sei die Anschlussf­ahrt mit der antiken Straßenbah­n bis Port de Sóller empfohlen.

Ferrocarri­l de Sóller www.trendesoll­er.com Palma, Carrer d‘Eusebi Estada, 1 Fon 971 75 20 28

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