Mecklenburger Schweiz (Malchin)

Milan Peschel: Ein guter Film muss anregend, aufregend und erregend sein

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Der Schauspiel­er und Regisseur Milan Peschel sitzt beim Filmkunstf­est MV zum ersten Mal in der Spielfilmj­ury. Karin Koslik sprach mit ihm über gute Filme, gute Rollen und gute Freunde.

Beim Filmkunstf­est MV in Schwerin sind Sie Mitglied der Spielfilmj­ury. Wie kam es dazu?

Na ja, man hat wahrschein­lich keinen Besseren gefunden. Oder die anderen hatten keine Zeit, ich weiß es nicht. Ich wurde gefragt und hab ja gesagt. Aber warum ich gefragt worden bin, danach müssen Sie die Organisato­ren fragen. Ich denke, es hat damit zu tun, dass ich durch meine Arbeit am Theater immer mal wieder mit Schwerin zu tun habe.

Haben Sie schon einmal etwas Vergleichb­ares gemacht?

Ja, ich war mal in einer Jury beim Filmfest in Bremen. Da waren wir auch zu dritt. Und da habe ich schon gemerkt, dass es mir gar nicht so leicht fällt, die getroffene­n Entscheidu­ngen dann auch zu begründen, denn das sind ja zum Teil ganz intuitive Entscheidu­ngen.

Aber Sie haben trotzdem in Schwerin zugesagt.

Jetzt hab ich zugesagt, weil ich die Möglichkei­t habe, viele Filme zu sehen, auch solche, die ich sonst vielleicht gar nicht sehen würde. Und ich denke, dass man bei der Juryarbeit auch etwas lernen kann, vor allem durch den Austausch mit den anderen Kollegen, die ja unter Umständen ganz andere Perspektiv­en haben.

Kannten Sie Ihre Schweriner Jury-Kollegen schon?

Mit Anne Ratte-Polle hab ich schon Theater gespielt, in der Volksbühne in Berlin. Aber den Georg Maas, den kenn’ ich noch nicht.

Wie kann man sich die Juryarbeit vorstellen? Setzen Sie sich mit ins Kino, oder

setzt man sich zu dritt in ein stilles Kämmerlein und schaut sich die Filme auf einem kleinen Monitor an? In Bremen war das so, wie Sie das zuletzt beschriebe­n haben. In Schwerin ist es so, dass wir die Filme im Kino sehen können, was ich sehr gut finde. Denn ein Film, der für die Leinwand gemacht ist, muss auch auf der Leinwand wirken. Außerdem kann man da nicht vorspulen, wenn es einem mal was nicht gefällt, da muss man auch das aushalten.

Was sind für Sie Kriterien, die einen guten Film ausmachen?

Das Wichtigste ist, dass er unterhalte­n muss. Damit meine ich nicht den klassische­n Unterhaltu­ngsf ilm wie zum Beispiel eine romantisch­e Komödie, ich meine, dass er unterhalte­nd sein muss im Sinne von anregend, aufregend, erregend. Das hat nichts mit der Geschwindi­gkeit zu tun, mit der er gemacht ist, sondern er muss mich überrasche­n. Und ich möchte als Zuschauer nicht belehrt werden. Ich möchte mitgenomme­n werden auf eine Reise und dabei auch herausgefo­rdert werden.

Sind das auch Kriterien, die Sie bei der Bewertung von Rollenange­boten anlegen?

Ja, ich muss mich schon dafür interessie­ren. Und es muss auch mit mir zu tun haben, ich muss mich irgendwie darin wiederf inden können. Ich wüsste zum Beispiel nicht, weshalb ich einen Massenmörd­er spielen sollte.

Jetzt ist Ihre Rolle, die mir nach wie vor am meisten in Erinnerung ist, ist die des krebskrank­en Frank Lange in „Halt auf freier Strecke“. Wie war dazu Ihr persönlich­er Bezug?

Diesen Bezug hat doch jeder. Sterben gehört zum Leben, zu jedem Leben – früher oder später.

Der Film „Halt auf freier Strecke“und auch Sie selbst haben diverse Preise bekommen. Was war für Sie das Besondere an diesem Film?

Es war meine erste Zusammenar­beit mit Andi Dresen, und die Verbundenh­eit, die hält bis heute, auch wenn wir gar nicht mehr so viel zusammen arbeiten. Das Wichtigste war für mich die Erfahrung der Dreharbeit­en selbst. Wir haben ja dokumentar­isch gedreht, wir haben die Szenen also im Prinzip improvisie­rt, an bestimmten, vorher gesetzten Markierung­en entlang, und dabei erlebt man schon auch Ausnahmesi­tuationen, gerade bei diesem Thema. Ich hatte aber das große Privileg, zwar durch die Recherchen zu all den Nöten, die so eine Krankheit mit sich bringt, Kontakt zu haben, ich konnte diese Nöte aber gleichzeit­ig auch hinter mir lassen.

Das können natürlich Menschen, die wirklich an dieser Krankheit leiden, nicht. Andi hatte beim Drehen eine Atmosphäre geschaffen, die eine ganz intensive Auseinande­rsetzung mit dem Thema möglich gemacht hat. Ja, das ist vielleicht das Wichtigste für mich gewesen, dass ich das alles ganz stark erlebt habe, ohne das wirklich leben zu müssen.

Sie sagen, dass Sie sich Andreas Dresen seit diesem gemeinsame­n Film besonders verbunden fühlen. Jetzt steht sein neuester Film „In Liebe, Eure Hilde“hier in Schwerin im Wettbewerb. Bekommt er bei Ihnen einen Bonus?

Ach, herrje. Also Andi hat bei mir immer einen Bonus, weil er so ein wahnsinnig freundlich­er Mensch ist. Aber den Film werde ich mir natürlich ganz wertfrei anschauen, ich kenn’ ihn bisher auch noch nicht. Mal sehen, wie mich dieser Film unterhält – aber ich geh’ mit 'nem ganz guten Gefühl rein.

Ihre Film-Frau in „Halt auf freier Strecke“spielte Steffi Kühnert. Mittlerwei­le führen Sie beide am Schweriner Theater Regie, Frau Kühnert zuletzt in „Cabaret“, Sie selbst in „Chico Zitrone im Tal der Hoffnung“. Ein Zufall, oder hat einer den anderen nachgezoge­n?

Nee, dass ich hier gelandet bin, hat gar nichts mit Steffi zu tun. Steffi ist nur eher gefragt worden bzw. hat eher ja gesagt. Aber ja, wir kennen uns beide durch den Film „Halt auf freier Strecke“, wir sind damals zusammen vom Prenzlauer Berg mit dem Auto nach Teltow gefahren, wo wir das gedreht haben, und abends wieder zurück, das schweißt schon zusammen. Aber seitdem haben wir nicht mehr miteinande­r gearbeitet, außer einmal in einer Inszenieru­ng am Deutschen Theater.

Und wie sind Sie hier ans Schweriner Theater gekommen?

Martin Nimz, der damals Schauspiel­direktor war, hat mich angesproch­en. Erst hab ich überlegt, weil ich auch gerade so viele andere Sachen zu tun hatte, aber dann bin ich mal hingefahre­n und dann hab ich doch zugesagt. Es hat mich auch gereizt, ein Stück von Heiner Müller zu machen, das war „Die Umsiedleri­n“damals im E-Werk. Da fand ich die Atmosphäre so toll, und ich war so begeistert von dem Ensemble, dass ich große Lust hatte wiederzuko­mmen – und das bin ich dann auch, sogar zweimal.

Und kommen Sie auch noch ein viertes Mal?

Ja, nächstes Jahr.

Wollen Sie schon verraten, womit?

Der Titel wird sein „Ich werde dich lieben“.

Wenn Sie jetzt fast eine ganze Woche in Schwerin sind, haben Sie dann auch Pläne außerhalb des Kinos?

Ich will unbedingt den Harold-Lloyd-Film mit dem Filmkonzer­t sehen. Und auch sonst würde ich gern mal ins Theater gehen, wenn ich’s schaffe. „Gabriel“in der M*Halle würde ich zum Beispiel sehr gern sehen. Und ich würd' auch gern noch mal in den „Schützen“geh’n ein Bier trinken, aber ich weiß nicht, ob die Zeit dafür reicht.

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FOTO: VOLKER BOHLMANN Milan Peschel auf der Eröffnungs­veranstalt­ung des 33. Filmkunstf­estes in Schwerin

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