Mindelheimer Zeitung

Dobrindt greift Brüssel im Mautstreit an

Verkehr CSU-Minister spricht EU-Kommission das Recht ab, gegen deutsches Modell vorzugehen, und wirft Österreich Diskrimini­erung bei Maut vor

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Diese Woche droht der Streit um die beschlosse­ne Einführung einer Pkw-Maut in Deutschlan­d einen neuen Höhepunkt zu erreichen: Während in Brüssel damit gerechnet wird, dass die EU-Kommission schon im Laufe dieser Woche ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Deutschlan­d auf den Weg bringt, geht Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt bereits zum Gegenangri­ff über. In einem Interview unserer Zeitung greift der CSU-Politiker die Mautklage-Ankündigun­g der EU-Kommission an und spricht Brüssel das Recht ab, sich in die deutsche Mautpoliti­k einzumisch­en.

Dobrindt verwies darauf, dass die Absenkung der Kfz-Steuer zur Mauteinfüh­rung allein Sache der Bundesrepu­blik sei, weil die nationale Eigenständ­igkeit bei der Steuererhe­bung zu den Grundprinz­ipien der Europäisch­en Union gehöre: „Schon die Annahme, die EU könne sich mit der Kfz-Steuer in Deutschlan­d befassen, ist falsch“, sagte Dobrindt unserer Zeitung. „KfzSteuern sind eindeutig innerhalb der nationalen Hoheit festzusetz­en, da hat Brüssel keinerlei Kompetenz, etwas anzumerken.“

Dobrindt kritisiert­e auch Österreich, das unabhängig von der EUKommissi­on eine Klage gegen Deutschlan­d vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f angekündig­t hat. Der CSU-Politiker warf dem Land vor, es diskrimini­ere selber ausländisc­he Autofahrer bei der Mauterhebu­ng: „Ungleichbe­handlungen kann man in Österreich sehen, zum Beispiel beim Felbertaue­rntunnel, da zahlen Ausländer zehn Euro Gebühr, Autofahrer aus Teilen Österreich­s vier Euro“, sagte Dobrindt. Zudem habe Österreich, als dort 1997 die PkwMaut eingeführt wurde, zeitgleich die Pendlerpau­schale für inländisch­e Steuerzahl­er erheblich angehoben. Auch als Großbritan­nien vergangene­s Jahr die Lkw-Maut eingeführt habe, sei dort gleichzeit­ig die Kfz-Steuer für Lastkraftw­agen erheblich gesenkt worden. „In beiden Fällen hatte die EU nichts zu beanstande­n“, warf Dobrindt der EUKommissi­on vor, mit Blick auf die deutschen Pläne mit zweierlei Maß zu messen.

Ebenso erinnerte Dobrindt daran, dass die EU-Kommission 2011 in ihrem „Weißbuch Verkehr“den Mitgliedst­aaten ausdrückli­ch empfohlen habe, die Nutzerfina­nzierung als Alternativ­e zur Steuerfina­nzierung einzuführe­n. „Alternativ­e heißt doch gerade keine Mehrbelast­ung“, betonte Dobrindt. Es sei nicht einzusehen, warum der geforderte Systemwech­sel in Deutschlan­d nicht möglich sein soll.

In dem Interview kündigte Dobrindt zudem Milliarden-Investitio­nen für den flächendec­kenden Ausbau des schnellen Internets und zur Steigerung der Attraktivi­tät des Bahnverkeh­rs an.

Diese Woche könnte die EU über ein Strafverfa­hren gegen Deutschlan­d entscheide­n

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