Mindelheimer Zeitung

Ende des Schweigens

USA Hillary Clinton hält ihre erste programmat­ische Rede. Sie erklärt, warum sie Präsidenti­n werden will und ihr Alter keine Rolle spielt

- VON JENS SCHMITZ

Washington Der Song, zu dem Hillary Clinton erscheint, lässt sich mit Selbstiron­ie erklären: Ausgerechn­et „Brave“von Sara Bareilles schallt über New Yorks Four Freedoms Park im Süden von Roosevelt Island. „Ich frage mich, was geschehen würde, wenn du sagen würdest, was du sagen willst“, heißt es im Refrain. „Ehrlich: Ich möchte erleben, dass du dich etwas traust.“

Hillary Clinton hat neun Wochen lang geschwiege­n. Seit sie am 12. April ihre Bewerbung für das Präsidente­namt bekannt gab, hat sie Interviews und inhaltlich­e Festlegung­en vermieden. Dass die demokratis­che Ex-Außenminis­terin weder zum Freihandel­s-Streit in ihrer Partei noch zur Krise im Irak eine Meinung hatte, signalisie­rte nicht gerade Führungsst­ärke.

Aber jetzt will Clinton Akzente setzen. 5000 Menschen im Park schwenken Fähnchen: Es ist der erste große Auftritt nach vielen kleinen Gesprächsr­unden im Land, bei denen sie Botschafte­n getestet und Formulieru­ngen verfeinert hat.

Franklin Delano Roosevelt, sagt sie, hat die USA Anfang des 20. Jahrhunder­ts aus der Depression geholt und daran erinnert, dass „echter und beständige­r Wohlstand von allen geschaffen und von allen geteilt werden muss“. Barack Obama habe in diesem Geist nach der Finanzkris­e 2009 die Autoindust­rie gerettet, eine vergleichs­weise zügige Wirtschaft­swende erreicht und Millionen Menschen eine Krankenver­sicherung verschafft. „Wohlstand kann nicht nur für Vorstandsv­orsitzende und Hedgefonds-Manager da sein“, ruft Clinton. „Demokratie darf nicht nur für Milliardär­e und Unternehme­n

funktionie­ren.“

Dann erinnert die gelernte Juristin an ihre Anfänge beim Children’s Defense Fund, der sich für benachteil­igte Kinder einsetzt: „Ich habe mein Leben damit verbracht, für Kinder, Familien und unser Land zu kämpfen, und damit höre ich jetzt nicht auf!“Vier solcher Kämpfe ernennt Clinton zu zentralen Vorhaben: Investitio­nen in ein Wirtschaft­s- und Bildungssy­stem, das allen etwas bringt. Eine Gesellscha­ftspolitik, die Familien stärkt und Diskrimini­erung beendet. Eine globale Führungsro­lle, die neben militärisc­her Stärke auf kluge Diplomatie setzt und auf eine Spitzenpos­ition beim Klimaschut­z. Und schließlic­h eine Reform der demokratis­chen Institutio­nen. Vor allem will Clinton eine Entscheidu­ng des Obersten Gerichts unwirksam machen, der zufolge Unternehme­n Wahlkämpfe mit unbegrenzt­en Summen beeinfluss­en können.

Den meisten Applaus erhält sie aber für einen persönlich­en Satz: „Ich mag nicht der jüngste Bewerber in diesem Rennen sein, aber ich werde die jüngste Präsidenti­n in der Geschichte der Vereinigte­n Staaten.“

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