Was das Griechen-Chinesisch bedeutet
Schulden-Drama Wir erklären die Begriffe Grexit, Staatspleite, Primärüberschuss und Rezession
Berlin Manche fordern ihn, die meisten warnen indes davor – vor dem Grexit. Der steht nach Meinung vieler Politiker seit Jahren immer wieder unausweichlich bevor, wenn es im Schuldenstreit mit Athen Spitz auf Knopf steht. Aber was das ist, und wie das funktionieren könnte, ist unklar. Wir erklären die wichtigsten Begriffe im griechischen Schulden-Drama:
Grexit Das Schlagwort wurde in der Schuldenkrise erfunden. Der Kunstbegriff besteht aus den englischen Worten für Griechenland (Greece) und Ausstieg (Exit). Grexit steht für etwas eigentlich Unmögliches: Einen Ausstieg oder Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone.
Vertraglich ist zwar bis ins Detail geregelt, wie man in die Eurozone hineinkommt. Nirgendwo steht jedoch, dass ein Land aus der Eurozone ausscheiden oder gar ausgeschlossen werden kann. Für die EUKommission ist klar: Ohne Ausscheiden aus der EU kein Ausscheiden aus der Eurozone. Die Idee hinter dem Grexit-Szenario: Würde Griechenland statt des harten Euro wieder eine weiche Drachme einführen, könnte die griechische Wirtschaft mit einer billigen eigenen Währung ihre Produkte international viel günstiger anbieten.
Graccident Gelegentlich wird auch vor einem unbeabsichtigten Euro-Aus der Griechen gewarnt. Das Kunstwort dafür besteht aus „Greece“(Griechenland) und dem englischen Wort „accident“(Unfall) – wobei das Wort im Englischen auch für Zufall stehen kann. Bisweilen wird „Graccident“auch mit „Grexit“zu „Grexident“kombiniert. Gemeint ist ein eher versehentliches Schlittern in den EuroAusstieg, den niemand will – der aber unvermeidbar ist, weil Athen das Geld ausgeht. Dieses Szenario hieße: Weil zum Beispiel Staatsbedienstete weiter bezahlt werden müssten, würde Athen eine Art Zweitwährung ausgeben – die Wiedereinführung der Drachme durch die Hintertür, die von einigen Fachleuten als faktisches Ende der EuroMitgliedschaft interpretiert wird.
Staatspleite Für Staaten gibt es – anders als bei Privatpersonen oder Firmen – bislang keine Insolvenzordnung. Damit fehlen auch klare Regelungen, wann für einen Staat der Pleitefall eintritt und wie dann vorzugehen ist. Eine Zahlungsunfähigkeit bedeutet keinesfalls automatisch das Ende der Euro-Mitgliedschaft – Pleite und „Grexit“sind also nicht dasselbe. In der internationalen Finanzwelt wird der Pleitefall („Default“) in der Regel von Ratingagenturen festgestellt; diese Agenturen beurteilen die Kreditwürdigkeit – und beobachten daher auch mit Argusaugen, ob Staaten ihre Schulden bedienen, das heißt Zinsen zahlen und Schulden zurückzahlen. Wichtige Ratingagenturen haben bereits erklärt, dass sie Athen nicht auf „Default“herabstufen, falls Griechenland seine IWF-Kredite nicht mehr bedient. Für einige würde dies sogar dann gelten, wenn Griechenland Anleihen nicht bedienen kann, die von der Europäischen Zentralbank gehalten werden.
Primärüberschuss Das größte Problem der Griechen sind die riesigen Schulden. Sie machen aktuell rund 180 Prozent der Wirtschaftsleistung aus – Tendenz: steigend, denn der griechische Staat gibt immer noch mehr aus, als er einnimmt. Grund für dieses laufende Staatsdefizit: die Zinsen, die für die Schulden gezahlt werden müssen. Rechnet man diese Zinsen (und Tilgungen) nicht mit, betrachtet also nur den Primärhaushalt, dann hat Athen im laufenden Geschäft immerhin 2013 und 2014 erstmals seit langem schwarze Zahlen geschrieben.
Fachleute nennen dies Primärüberschuss. Je höher der ausfällt, umso geringer ist der Zwang, bei Ausgaben zu sparen oder Einnahmen zu erhöhen. Bislang galt ein dauerhafter Primärüberschuss von 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung als nötig – damit der Schuldenberg nicht noch weiter ansteigt. Heute ist aber klar, dass kurzfristig nicht einmal die ursprünglich angepeilten 3,0 Prozent drin sind.
Rezession Dass sich Athen gegen die ursprünglichen Haushaltsziele sperrt, liegt an der wirtschaftlichen Entwicklung des Krisenlandes. Die griechische Wirtschaft war jahrelang geschrumpft und erst 2014 wieder auf Wachstumskurs zurückgekehrt. Ein Strohfeuer, denn das Land ist Anfang 2015 schon wieder in eine Rezession gefallen. Wegen des Schuldenstreits der neuen griechischen Regierung mit ihren Geldgebern war dieser Einbruch befürchtet worden. Experten sprechen von einer Rezession, wenn die Wirtschaft in zwei Quartalen hintereinander zum Vorquartal schrumpft. Folge einer Rezession: Für den Staat brechen Steuereinnahmen weg – und wegen steigender Arbeitslosigkeit steigen beispielsweise die Ausgaben.