Die Geschichte einer Garagenfirma
Wirtschaft Aus einem kleinen Mindelheimer Betrieb ist längst eine Weltfirma geworden. Ehrung für Baur Formschaumtechnik
Mindelheim Es war einmal eine kleine Garagenfirma. Sie hatte im beschaulichen Mindelheim angefangen, mit Formschaumtechnik zu arbeiten. Das war Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die Eheleute Baur gründeten „Charlotte Baur Kunststoffe“. Schon damals waren ihre ersten Kunden große Automobilkonzerne. Das Unternehmen hat seither einen rasanten Aufstieg hinter sich und gehört als Zulieferer der Automobilbranche, der Industrie und der Medizintechnik inzwischen zu den ganz großen Spielern weltweit. Jetzt kommt zu dieser Erfolgsgeschichte noch eine ganz besondere Auszeichnung.
Die Firma, die inzwischen Charlotte Baur Formschaumtechnik GmbH heißt, hat es unter die ersten drei Plätze beim Bayerischen Gründerpreis 2015 gebracht. Rund 300 Firmen waren nominiert worden. Der Festakt dazu fand kürzlich in Nürnberg statt. Getragen wird der Preis von den Sparkassen, Stern, dem ZDF und Porsche. Als herausragend wurde die Unternehmensnachfolge bewertet – eine Herausforderung, vor der viele mittelständische familiengeführte Unternehmen stehen.
Bei Baur war dies vorbildlich gelaufen, wie Bernhard Fischer von der Vorstandschaft der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim betonte. Das war letztlich auch der Grund, warum die Sparkasse die Mindelheimer Firma für den Bayerischen Gründerpreis vorgeschlagen hatte.
In den vergangenen Jahren konnten sich die Sparkassen-Manager aus Memmingen und Mindelheim schon wiederholt über ausgezeichnete Firmen freuen. Die Firma Glass aus Mindelheim war mit dem Gründerpreis ebenso schon bedacht worden wie die Grob-Werke oder BayPack aus Stetten.
Allein die Zahlen sprechen für David Spitzer, der das Unternehmen Baur als geschäftsführender Gesellschafter vor elf Jahren übernommen hatte. Spitzer stammt aus Siegen in Nordrhein-Westfalen und kannte das Mindelheimer Unternehmen bereits als leitender Angestellter eines Großkonzerns. Eines Tages sprach ihn Reinhard Baur an, ob er sich nicht vorstellen könne, sein Unternehmen fortzuführen. Die eigenen Kinder hätten kein Interesse.
Spitzer überlegte nicht lange, und er sollte recht behalten, was die Zukunftschancen des Unternehmens betraf. 2003/04 lag der Umsatz bei 3,5 bis vier Millionen Euro. Heute sind es 40 Millionen. Neben dem Hauptsitz Mindelheim hat Spitzer ein Werk in Tschechien aufgebaut. Die Produktionsfläche wird derzeit von 6000 um weitere 20 000 Quadratmeter ausgebaut. 400 Arbeitsplätze bietet das Unternehmen inzwischen, rund 100 davon sind es in Mindelheim. Mit Wuxi in China baut Spitzer derzeit einen weiteren Standort auf.
Alle großen Automarken sind Kunden - ob BMW, Mercedes, Porsche, Opel, Ford oder Volkswagen. Die Herausforderungen, die diese Konzerne an Baur Formschaumtechnik stellen, sind hoch. Wird ein neuer Motor entwickelt, kommt etwa zwei Jahre vor Markteinführung ein Prototyp nach Mindelheim. Während Motoren immer effizienter und sparsamer werden, werden sie auf der anderen Seite auch immer lauter. Das allerdings merkt der Kunde nicht - dank Baur. Die Schaumstoffe im Motorraum dienen beispielsweise dazu, den Lärm zu mindern. Und sie leisten einen Beitrag zum Energiesparen selbst. Ansaugleitungen werden gedämmt und nicht gekühlt, sagt Spitzer. Da steckt immens viel Technik und Wissen dahinter. Entwickler, Techniker und Ingenieure in Mindelheim spielen hier weltweit in der Spitzengruppe mit.