Mindelheimer Zeitung

Der Weltjugend­tag war sein Meisterstü­ck

Porträt Der Kirchenman­n Heiner Koch stammt aus dem Rheinland. Aber auch in Dresden hat er sich bewährt. Jetzt ernannte ihn der Papst zum Erzbischof von Berlin

- Alois Knoller

Erstaunlic­h rasch hatte sich der Rheinlände­r in Sachsen eingelebt. Bischof Heiner Koch, der 2013 von Köln nach Dresden kam, hat in zwei Jahren die ostdeutsch­e Variante des Katholizis­mus ins Herz geschlosse­n. Die missionari­sche Dynamik, die er vor allem in den großen Städten antrifft, beeindruck­t den Kirchenman­n nachhaltig. „In Leipzig und Dresden feiern wir inzwischen jeden Sonntag je zwei Familiengo­ttesdienst­e“, erzählte er kürzlich vor Journalist­en. Katholiken machen gerade vier Prozent der Bevölkerun­g im Osten aus.

Dresden muss der 61-Jährige allerdings schon wieder Lebewohl sagen, denn Papst Franziskus berief Koch zum neuen Berliner Erzbischof. Dort soll er auf pastoralem und politische­m Feld punkten. Manche hätten sich dafür einen anderen Typus gewünscht, etwa den Augsburger Weihbischo­f Anton Losinger, der im Deutschen Ethikrat und in der Max-Planck-Gesellscha­ft bestens vernetzt ist und seit kurzem auch die Katholisch­e Universitä­t Eichstätt-Ingolstadt repräsenti­ert.

In seiner Weltläufig­keit und seinem Repräsenta­tionsgesch­ick steht ihm Heiner Koch allerdings nicht nach. Bravourös hatte er als Generalsek­retär den XX. Weltjugend­tag 2005 in Köln mit über einer Million Teilnehmer­n und dem Besuch von Papst Benedikt XVI. ausgericht­et. Prompt wurde er 2006 zum Weihbischo­f seiner Heimatdiöz­ese ernannt. Sollte Koch jemals ein Gefolgsman­n des konservati­ven Kölner Kardinals Joachim Meisner gewesen sein, so hat er als Bischof längst sein eigenständ­iges Profil ausgeprägt.

Als Vorsitzend­er der Familienko­mmission der Bischofsko­nferenz bewegt er sich an einer der heikelsten Bruchlinie­n zwischen der gesellscha­ftlichen Wirklichke­it und der katholisch­en Doktrin. Koch weiß, dass die reserviert­e kirchliche Haltung zur Homosexual­ität und ihr Festhalten an der Unauflösli­chkeit der Ehe schwer zu vermitteln sind. Doch Heiner Koch denkt strategisc­h, malt sich verschiede­ne Szenarien aus, lotet Handlungss­pielräume aus. Hier kommt ihm seine Erfahrung in der Verwaltung der Erzdiözese Köln, als Leiter der Hauptabtei­lung Seelsorge und Generalvik­ar, zugute.

Junge Menschen sind dem Theologen, der auch Pädagogik studiert hat, ein besonderes Anliegen. Zum Thema Familie möchte er auch eine offizielle Kinder-Anhörung abhalten. Die Not eines Mädchens, das in seiner Schulklass­e herunterge­macht wurde, weil es sich über seine Firmung als Bestärkung ihres Glaubens freut, stellte Koch an den Anfang seines Fasten-Hirtenbrie­fs 2015. „Wir brauchen einander“, rief er den Gläubigen zu.

Dabei ist Koch beileibe kein Kind von Traurigkei­t. Humor und Lebensfreu­de hat dem gebürtigen Düsseldorf­er der rheinische Karneval eingeimpft. Gerne diente er als Regimentsb­ischof der Prinzengar­de Köln.

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Foto: dpa

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