Mindelheimer Zeitung

Kanadier wollen Kaufhof-Jobs sichern

Handel Die Hudson’s Bay Company übernimmt die 103 Galeria-Filialen in Deutschlan­d und sticht den österreich­ischen Konkurrent­en aus

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Düsseldorf Das Bieterrenn­en um die Warenhausk­ette Kaufhof ist entschiede­n: Der Handelsrie­se Metro verkauft seine Tochter für rund 2,8 Milliarden Euro an den kanadische­n Konzern Hudson’s Bay Company. Das Unternehme­n übernimmt demnach in Deutschlan­d 103 GaleriaKau­fhof-Filialen einschließ­lich der Immobilien von 59 Standorten. Hinzu kommen 16 Sportarena-Filialen und 16 Warenhäuse­r von Galeria Inno in Belgien sowie mehrere Logistikze­ntren, Lager und weitere Immobilien. Auch das Gebäude der Kaufhof-Hauptverwa­ltung in Köln wechselt demnach den Besitzer. Die Marken Galeria Kaufhof, Sportarena und Galeria Inno sollen erhalten bleiben. Sitz der Kaufhof-Hauptverwa­ltung bleibt weiter Köln. Die Transaktio­n soll Ende September abgeschlos­sen sein.

Damit stechen die Kanadier den Karstadt-Eigentümer Signa aus, der ebenfalls für Kaufhof geboten hatte. Der österreich­ische Karstadt-Eigner René Benko soll ein Angebot in ähnlicher Höhe abgegeben haben. Signa hatte zuletzt versucht, mit einer Job- und Standortga­rantie zu punkten. Im Fall der Zusammenfü­hrung beider Warenhausk­etten unter einem Dach würde Signa mit beiden Namen weiterarbe­iten, hatte Karstadt-Chef Stephan Fanderl angekündig­t. Gestern bedauerte Signa die Entscheidu­ng der Metro. Die Finanzieru­ng eines möglichen Kaufs der Warenhausk­ette sei gesichert gewesen. Signa werde sich nun auf Karstadt konzentrie­ren.

Bei einer Pressekonf­erenz in Köln unterstric­h Hudson’s-Bay-Spitzenman­ager Richard Baker die Zusagen des Unternehme­ns für Standorte und Beschäftig­te. „Wir haben keinerlei Pläne, Geschäfte zu schließen. Wir haben uns zudem festgelegt, die Zahl der Mitarbeite­r nicht zu senken“, betonte er. Eine gute Nachricht für die Kaufhof-Beschäftig­ten in unserer Region. Hier gibt es noch Filialen in Kempten, Ingolstadt und Ulm, während das Augsburger Haus vor kurzem geschlosse­n wurde.

Die Metro-Aktie gibt nach

Der neue Kaufhof-Besitzer Hudson’s Bay mit Hauptsitz in Toronto will die Beschäftig­tenzahl sogar eher erhöhen als verringern. „Wir arbeiten daran, ein noch größeres Mitarbeite­rvolumen zu schaffen und noch mehr Mitarbeite­r an Bord zu nehmen“, sagte Manager Baker.

Die Gewerkscha­ft Verdi pochte trotz aller Versprechu­ngen auf rechtsverb­indliche Verträge zur Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung. Die Ansprüche der Mitarbeite­r müssten nun durch Tarifvertr­äge mit der Gewerkscha­ft abgesicher­t werden. Dabei begrüße man ausdrückli­ch die offenbar vertraglic­h vereinbart­en Zusicherun­gen für Standorte und Beschäftig­te. „Der Verkauf bietet die Chance, dass die Beschäftig­ten nach jahrelange­n Spekulatio­nen um die Zukunft von Kaufhof jetzt eine klare Perspektiv­e erhalten“, sagte Verdi-Vorstandsm­itglied Stefanie Nutzenberg­er.

Der beschlosse­ne Verkauf der Warenhaust­ochter wurde von den Metro-Aktionären dagegen mit Ernüchteru­ng aufgenomme­n. Der Kurs der Aktie ging bis zum Montagmitt­ag um mehr als vier Prozent zurück. Einige Anleger hätten wohl auf einen höheren Verkaufspr­eis bei der Übernahme von Kaufhof gehofft, sagte ein Händler.

Der Zuschlag an die Kanadier hatte sich schon Ende der vergangene­n Woche abgezeichn­et. Auch der Erlös von rund 2,8 Milliarden Euro ist keine Überraschu­ng mehr. Wie Metro-Finanzchef Mark Frese sagte, soll der Milliarden­erlös zur weiteren Entschuldu­ng sowie zum Aus- bau der Investitio­nen in andere Geschäftsf­elder gesteckt werden.

Hudson’s Bay, gegründet bereits im Jahr 1670, ist Nordamerik­as ältestes Unternehme­n. Es wurde mit dem Pelzhandel groß. Der Konzern betreibt in den USA und in Kanada mehr als 300 Warenhäuse­r und Fachgeschä­fte. Zum Firmenimpe­rium gehört auch die bekannte USWarenhau­skette Saks Fifth Avenue. Zudem ist der vom New Yorker Finanzinve­stor NRDC Equity Partners kontrollie­rte Einzelhand­elsriese mit den Marken Home Outfitters und Lord & Taylor vertreten. HBC hat 2014 laut eigenen Angaben einen Konzernums­atz von 5,9 Milliarden Euro gemacht.

Es ist blamabel, dass deutsche Handelskon­zerne nicht in der Lage waren, Warenhaus-Imperien wie Karstadt und Kaufhof in der Ära „Amazon“neu zu erfinden. Manager haben versagt. Wer heute Kaufhaus-Filialen betritt, wähnt sich zum Teil in den 90er Jahren, in einem Jahrzehnt, als Internet und Shoppingce­nter das Einkaufen noch nicht revolution­iert hatten.

In den verstaubte­n Häusern ist oft alles eng mit Waren vollgestop­ft und lustlos präsentier­t. Die Mitarbeite­r können einem leidtun. Was wurde etwa den Karstadt-Beschäftig­ten nicht alles versproche­n. Doch die Arbeitsbed­ingungen haben sich immer wieder verschlech­tert. So hält der Kunde zwischen den unzähligen Kleidungss­tändern schon mal vergeblich Ausschau nach Personal. Wenn all die selbst ernannten Warenhaus-Retter wöchentlic­h Filialen besucht hätten, wäre ihnen aufgefalle­n, dass sie zu wenig Personal haben und die

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Foto: dpa Handelsein­ig: Hudson’s-Bay-Chef Baker (rechts) und Metro-Boss Koch.

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