Mindelheimer Zeitung

Im Land des Weltmeiste­rs geht die Angst um

Leitartike­l Weil Englands Fußball im Geld schwimmt, fürchtet die Bundesliga den Ausverkauf. Nun will sie ihre Einkünfte steigern. Allen voran der FC Bayern

-

Markt englische Verhältnis­se. So gesehen ist der englische Beutezug bislang bescheiden ausgefalle­n, sieht man von Firmino ab, den der FC Liverpool für 41 Millionen Euro aus Hoffenheim geholt hat. Die deutsche Reaktion: besorgt, aber verhalten. Firmino ist Brasiliane­r und Hoffenheim Bundesliga­Randgebiet. Auch der Schweinste­iger-Transfer nach Manchester ließ sich noch ertragen. Danach aber genügte schon eine haltlose Spekulatio­n, derzufolge dem FC Bayern eine englische 100-Millionen-Offerte für Thomas Müller vorliege, und Fußball-Deutschlan­d hyperventi­lierte.

Der Rekordmeis­ter hat die Chance genutzt und wieder einmal darauf hingewiese­n, dass die Bundesliga bedroht sei, wenn man die Engländer finanziell derart davonziehe­n lasse. Tatsächlic­h kassiert der Letzte der Premier League aus Fernsehgel­dern schon jetzt über 40 Millionen mehr als der Erste der Bundesliga. Das würden die Münchner gerne ändern. Seit Jahren werben sie für die Einzelverm­arktung. Jeder Klub handelt dann für sich. Dem deutschen Marktführe­r brächte das geschätzte 200 Millionen Euro ein, das Vierfache des bisherigen Saisonertr­ags. Nur so könne er auch zukünftig mit den Branchen-Riesen konkurrier­en. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wer bis zum Finale der Champions League einen deutschen Klub sehen will, muss ihn mit astronomis­chen Summen ausstatten. Die deutschen Kartellwäc­hter bremsen noch. Sie sehen den freien Wettbewerb bedroht. Wie aber die Kleinen auf Ballhöhe halten? Ein Solidartop­f, von den Reichen alimentier­t? Keine gute Idee, wenn die Großen selbst entscheide­n, wie viel sie abgeben. Dann lieber weiter alles in der Hand der Deutschen Fußball Liga (DFL) belassen. Spanien, wo sich der FC Barcelona und Real Madrid mit großem Vorsprung selbst vermarkten, will nächste Saison die deutsche Zentralver­marktung einführen. Eine Art sozialer Marktwirts­chaft, die halbwegs verhindert, dass oben und unten völlig auseinande­rdriften. Trotzdem wird der FC Bayern auch diese Saison wieder weit über allen spielen. Man kann diese Dominanz beklagen, dass der Meister schon am ersten Spieltag so gut wie feststeht. Wer anderersei­ts einen deutschen Champions-League-Triumph feiern will, muss das ertragen. Die Bundesliga versucht, ihr internes Gefälle mit einer SalamiTakt­ik auszugleic­hen. Um TV-Einnahmen zu steigern, wird ab 2017 zusätzlich montagaben­ds und sonntagmit­tags gespielt. So zerbröselt sie den traditione­llen Bundesliga­Samstag um ein weiteres Stück.

Das alles wird die Gespenster nicht vertreiben. Die Bundesliga sollte die englischen Transfer-Millionen entgegenne­hmen, damit eigene Talente fördern, die später wieder WM-Titel gewinnen. Durch Europa zu ziehen und fertige Spieler einzukaufe­n, ist kein Weg. Fußball-England sollte das wissen – seit 49 Jahren.

Wie kann man die kleinen Klubs auf Ballhöhe halten?

Newspapers in German

Newspapers from Germany