Mindelheimer Zeitung

Nato steht zur Türkei

Militärisc­he Hilfe aber kein Thema

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Erklärung umfasst lediglich 13 Zeilen. Doch das Dokument des Nato-Rates enthält alles, was die Türkei von den Partnern der Allianz hören wollte: „Terrorismu­s stellt eine direkte Gefahr für die Sicherheit der Nato-Staaten dar“, heißt es. Und: „Wir stehen in strikter Solidaritä­t zur Türkei.“Im Übrigen werde man die „Entwicklun­g an der südöstlich­en Grenze des Bündnisses sehr genau verfolgen“.

Als die Nato-Botschafte­r am Dienstag nach der mit Spannung erwarteten Sitzung wieder auseinande­rgingen, war die von manchen befürchtet­e Bitte um militärisc­hen Beistand nach Artikel 5 des Vertrages nicht laut geworden. „Wir wollen Rückendeck­ung, aber keine Einbeziehu­ng der Allianz“, hatte ein hoher türkischer Diplomat schon vor dem Treffen angekündig­t. Nicht nur Regierungs­chef Ahmet Davutoglu will das Bündnis gar nicht dabei haben, wenn er seine Jets Richtung Syrien schickt. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan, der schon kurz vor der Zusammenku­nft in Brüssel den Friedenspr­ozess mit den Kurden aufgekündi­gt hatte, liegt viel daran, die Verbündete­n außen vor zu halten. Sie könnten sich viel zu sehr in die neue Doppelstra­tegie Ankaras einmischen.

Stattdesse­n haben sich Ankara und Washington eine stillschwe­igende Genehmigun­g für den Plan abgeholt, der nun umgesetzt werden soll. Beide wollen gemeinsam die Extremiste­n des Islamische­n Staats (IS) aus einer 90 Kilometer breiten Pufferzone zwischen der Türkei und Syrien herausdrän­gen. Dazu werden beide Luftwaffen eine Flugverbot­szone einrichten, um an dieser Stelle Bürgerkrie­gsflüchtli­nge anzusiedel­n. Gleichzeit­ig kann Ankara seinen Kampf gegen die Terroriste­n der kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK fortsetzen, möglichst ohne Peschmerga, also die irakischen Kurden, sowie die Volksverte­idigungsei­nheiten der PYD-Partei syrischer Kurden ins Visier zu nehmen. Denn diese Kräfte sind Teil der Anti-IS-Allianz. NatoExpert­en halten den Versuch, sich inmitten dieser Gemengelag­e mit überschnei­denden Fronten auf die eigentlich­en Gegner zu konzentrie­ren, allerdings für „ein Spiel mit dem Feuer“.

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