Mogel-Kassen kosten Milliarden
Steuern Seit Jahren prellen Betrüger den Fiskus mit manipulierten Ladenkassen. Experten meinen: Politiker gehen zu zögerlich dagegen vor
Berlin Der Schaden ist groß, die Anschuldigungen wiegen schwer: Die Deutsche Steuergewerkschaft hat jetzt der Politik vorgeworfen, zu zögerlich gegen den seit Jahren grassierenden Steuerbetrug mit manipulierten Ladenkassen vorzugehen. Ein von Bund und Ländern bis Herbst angestrebtes Gesamtkonzept beurteilt Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler skeptisch: „Ich sehe derzeit nicht, dass es schnell weitergeht.“Auch der Bundesrechnungshof fordert seit Jahren Maßnahmen – vergeblich.
Steuerbetrug über manipulierte Kassen ist in Gastronomie, Einzelhandel, Apotheken und anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil verbreitet. Der Bundesrechnungshof spricht von einem „Massenphänomen“und schätzt, dass der Fiskus jährlich Einnahmen von bis zu zehn Milliarden Euro verliere, weil Unternehmen Umsätze nicht oder falsch erfassten.
Die kriminelle Energie der Täter ist hoch: So wurde ein Apotheker dabei erwischt, wie er das System manipuliert und über Jahre 370 000 Euro Barmittel aus der Kasse entnommen hat. Die Möglichkeiten zur Manipulation sind vielfältig: Beliebt ist etwa die „Trainingseinstellung“. Eingaben eines „Trainingskellners“zum Beispiel werden als Übung abgebucht und nicht als tatsächliche Umsätze. Bei Hightech-Schwindeleien haben selbst IT-Experten Probleme, versteckte und externe Manipulationssoftware zu entdecken.
Ende Juni verständigten sich die Länder-Finanzminister im Grundsatz darauf, manipulationssichere Kassen einführen zu wollen. Es soll aber auf einen Wettbewerb mehre- rer Anbieter und Lösungen gesetzt werden statt auf nur ein Verfahren. Während die Länder, so Gewerkschaftschef Eigenthaler, schneller vorgehen wollten, spiele der Bund auf Zeit und setze auf eine EU-weite Lösung. Eigenthaler sieht darin den Versuch, das „Thema auf dem Zeitstrahl zu verschieben“.