Mindelheimer Zeitung

Leben auf dem Laufsteg

Schwimmen Britta Steffen war 2008 in Peking Doppel-Olympiasie­gerin, heute ist sie Teil von Modenschau­en, betreibt Kung Fu und schaut die WM vom Sofa aus an

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Kasan Kung Fu, Modeln auf der Fashion Week und Vorträge gehören nun zu Britta Steffens Lebensinha­lt. Wie zuletzt vor zehn Jahren findet eine Schwimm-WM ohne die Doppel-Olympiasie­gerin von 2008 ab. Der 30-Jährigen geht es damit „total gut. Im Herzen bin ich natürlich immer noch dabei, gerade weil mein Freund Paul Biedermann mitschwimm­t. Da fiebere ich sicher mit, ob er seine Ziele erreichen kann“, sagte Steffen.

Ihr neues Leben nimmt sie so in Beschlag, dass eine Reise zu den Wettkämpfe­n nach Kasan nicht infrage kam. „Ich hab mich mit meiner Schwiegerm­utter in spe verabredet zum Fernsehen, und dann machen wir uns einen gemütliche­n Tag auf der Couch“, skizzierte Steffen die kommende Woche in Halle/Saale während der Wettkampft­age ihres Paul.

Bei der Heim-EM im vergangene­n August in Berlin agierte Britta Steffen ein knappes Jahr nach ihrem Rücktritt noch als Botschafte­rin. Zudem war sie damals im Trainingsl­ager der Beckenschw­immer dabei und stand insbesonde­re dem Nachwuchs als Ratgeberin zur Seite. Ein Jahr später spielt sie keine aktive Rolle. „Es ist so, dass ich schon gefragt habe. Aber Britta ist im Studi- um und mit ganz vielen, wie ich finde, absolut klasse und tollen Projekten unterwegs“, äußerte sich Chefbundes­trainer Henning Lambertz bei der WM verständni­svoll.

Er vermisst nicht nur die jahrelange Leistungst­rägerin, sondern auch deren soziale Kompetenz: „Britta wird immer fehlen, alleine aufgrund ihrer Art. Sie hat so eine sehr liebe und mütterlich­e Art, sich auch wirklich bis zum Letzten um alles zu kümmern.“

Ein Comeback im Becken ist für die Freistil-Weltrekord­lerin Lichtjahre weg, seit zwei Jahren schwimmt Britta Steffen nur noch „sonntags, maximal“. Das Studium der Umweltinge­nieurswiss­enschaften hatte sie schon vor Olympia 2012 abgeschlos­sen, doch das reichte ihr nicht: „Ich wollte mich nach dem Sport vertiefen, in den Wissenstop­f fallen“, erklärte sie. Der Master in Human Ressources Management mit dem Schwerpunk­t Controllin­g soll nächstes Jahr fertig sein. Bereits jetzt übt Steffen das Berufslebe­n mit mehreren Vorträgen.

Bis dahin probiert sich Britta Steffen aus, beispielsw­eise Anfang des Monats als Model auf der Berliner Fashion Week. „Ich hätte nie gedacht, dass mir das Spaß machen würde. Auf hohen Schuhen, da darf halt nichts passieren, sonst liegst du auf der Nase“, berichtete sie von ihren Erfahrunge­n.

Nach dem Ende des jahrelange­n Kacheltrai­nings ist sie dank reduzierte­r Kohlenhydr­ate rank und schlank – und trotzdem unzufriede­n mit der Figur: «Sicherlich bin ich nicht mehr so muskulös wie ich einst war, aber dafür müsste ich mehr trainieren und dazu komme ich nicht.“

Einen Traum hat sich Britta Steffen erfüllt und lernt und im heimischen Halle/Saale Kung Fu. „Das wollte ich immer schon mal machen, aber es war nie Zeit dafür.“Gegen die Steifheit durch und nach der Leistungss­portkarrie­re soll Yoga helfen: „Für mich die beste Abwechslun­g, weil man gute Balance auch im Leben herstellen kann.“

Für die Schwimm-WM in Russland ist Steffen „sehr positiv gestimmt“und sieht durchaus deutsche Chancen. Nach der Rückkehr ihres Freundes steht vom 10. August an zunächst ein gemeinsame­r Urlaub an. Und danach lässt Britta Steffen das Leben ein Stück weit auf sich zukommen. „Ich bin sehr offen, was meinen zukünftige­n Weg angeht.“Einen Plan zumindest hat sie: „Ich möchte glücklich in meinem Leben sein.“

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Foto: dpa Britta Steffen präsentier­t ein Abendkleid bei der Fashion Week.

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