Lufthansa steht vor neuem Streik
Konflikt Konzern-Chef Spohr setzt auf eine Billig-Strategie. Dazu hat er eine Tochterfirma in Österreich gegründet. Die Piloten sind erbost
Frankfurt am Main Passagiere der Lufthansa müssen sich in den kommenden Wochen auf erneute Streiks der Piloten einstellen. Deren Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hat am Mittwoch die Gespräche mit dem Unternehmen für gescheitert erklärt. Damit seien nun Streiks jederzeit möglich, sagte ein Gewerkschafts-Sprecher, ohne einen konkreten Termin zu nennen. Es wäre der 13. Streik in dem laufenden Tarifkonflikt. Die Gewerkschaft will den neuerlichen Arbeitskampf wie bislang einen Tag zuvor ankündigen. In bislang zwölf Streikrunden seit April 2014 hat sie dem Unternehmen nach dessen Angaben mehr als 300 Millionen Euro Schaden zugefügt. Die Gewerkschaft lehnt die Pläne der Lufthansa für eine Billigflugtochter ab.
Frankfurt am Main Carsten Spohr steuert die Lufthansa weiter auf einem harten Sparkurs. Für den DaxKonzern gehe es nicht nur ums Überleben, sondern um eine aktive Führungsrolle im weltweiten Luftverkehr, sagt der Manager, wenn es um die Zukunft seines Unternehmens geht. Angesichts zuletzt schmaler Gewinne des größten europäischen Luftverkehrskonzerns hat sich der 48-Jährige auf eine Billig-Strategie festgelegt, die von den organisierten Stammpiloten der Lufthansa-Mutter bis aufs Messer bekämpft wird. Für die Passagiere bedeutet das nach erneut gescheiterten Verhandlungen schon sehr bald wieder Streiks.
Zuletzt hatte es nach zwölf Streikrunden und dem Schock des Germanwings-Absturzes vom März danach ausgesehen, als ob sich beide Seiten doch noch annähern könnten. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hatte im Sommer nicht nur eine längere Lebensarbeitszeit angeboten, sondern wollte auch sämtliche Gehälter ihrer Mitglieder einem internationalen Vergleich unterziehen lassen. Ausdrücklich sollte es im Konzern zudem eine Billiglohn-Li- nie geben, um Herausforderern wie Easyjet und Ryanair mit ähnlichen Personalkosten begegnen zu können. Lufthansa könne mit diesem Paket rund 500 Millionen Euro sparen, so die Vereinigung Cockpit.
Die Kontrahenten sind aber noch nicht einmal bis zu den Details gekommen, denn Spohr weigerte sich nach Darstellung der Gewerkschaft in einem Spitzengespräch, für die Zeit der Verhandlungen die konkrete Umsetzung des Billigflieger-Projekts auszusetzen. „Wir wollen Eurowings nicht verhindern“, sagt Ge- werkschaftssprecher Markus Wahl. „Aber es macht keinen Sinn, über den Erhalt von Arbeitsplätzen zu verhandeln, wenn diese zeitgleich ins Ausland verlagert werden.“Kern des bald drittgrößten Billigfliegers Europas ist die vor wenigen Wochen gegründete Fluggesellschaft „Eurowings Europe“mit Sitz in Wien. Sie soll bald viele Flugzeuge, aber möglichst keine Tarifverträge für die Piloten und das Bordpersonal besitzen. Die Beschäftigungsbedingungen liegen weit unter den Standards der Lufthansa-Mutter. Nach der Stellenausschreibung sollen junge Co-Piloten inklusive Schichtzulage zu Beginn 44050 Euro verdienen – gut 20 000 Euro weniger als bei der Lufthansa. Junge Kapitäne liegen mit einem erwartbaren Brutto-Jahresgehalt von 78100 Euro mehr als 50 000 Euro hinter ihren Konzernkollegen.
Bedrohlich für die rund 5400 noch gut bezahlten Konzernpiloten ist die Absicht der Lufthansa, mehr Maschinen und damit die Arbeitsplätze für Piloten und Flugbegleiter von der Stammmarke und der Tochter Germanwings auf die Billigtochter zu verlagern.