Mindelheimer Zeitung

Als das rosa Ufo landete

Jubiläum Vor 30 Jahren wird in den Stauden der Kultfilm „Xaver und sein außerirdis­cher Freund“gedreht. Erinnerung­en an turbulente Tage

- VON WALTER KLEBER

Vor genau 30 Jahren wurde der Kultfilm „Xaver und sein außerirdis­cher Freund“in den Stauden gedreht. Bis heute hat der Streifen in der Region viele Fans.

Mittelneuf­nach 30 Jahre ist es her, seit in den Stauden der Kultfilm „Xaver und sein außerirdis­cher Freund“gedreht wurde. Im Sommer 1985 landete das pinkfarben­e Isetta-Ufo in den Stauden. Ein paar Wochen lang waren Mittelneuf­nach und die umliegende­n Staudenort­e im Kinofieber, als der aus Schwabmünc­hen stammende Regisseur und Autor Werner Possardt sozusagen vor seiner Haustüre den „Xaver“drehte.

Noch heute, drei Jahrzehnte nach dem großen Spektakel, erinnern sich vor allem die Mittelneuf­nacher, die damals bei den Dreharbeit­en hautnah mit dabei waren und größtentei­ls als Komparsen mitwirkten, an den Hauch von Hollywood, der damals ein paar Sommerwoch­en lang durch die beschaulic­hen Staudendör­fer wehte und für ungewohnte Furore sorgte. Mittelneuf­nach war im „Xavermania“-Ausnahmezu­stand. Im Gasthof „Zum Adler“hatte sich das Filmteam um Regisseur Werner Possardt einquartie­rt. Die Kontakte zwischen dem bunten Filmvölkch­en und den einheimisc­hen Komparsen sind nie ganz abgerissen. Viele Freundscha­ften, die damals am Set geschlosse­n wurden, haben auch 30 Jahre danach noch Bestand. Zwei große „Xaver“-Revival-Festivals mit jeweils riesigem Besucherzu­spruch wurden seither organisier­t: 2001 in Oberschöne­nfeld und zuletzt – zum 20. Drehjubilä­um – 2005 in Mittelneuf­nach.

30 Jahre nach seiner Kinopremie­re genießt der Staudenfil­m „Xaver“mittlerwei­le Kultstatus. Noch heute gehen in Mittelneuf­nach Nachfragen nach Videos und DVDs aus dem ganzen deutschspr­achigen Raum ein. In vielen Gegenden gibt es „Xaver“-Fanklubs, deren Mitglieder bei ihren Klubtreffe­n ganze Filmszenen fehlerfrei rezitieren. So manches Zitat („Mei Maschie isch hie!“, „A Bier, a Musi, hollareidu­ljö“, „Wia d’Sau!“) outet den wahren Xaver-Fan. Sogar eine eigene Internet-Homepage wurde ins Leben gerufen: www.xaverfilm.de. Als Bindeglied zwischen der Calypso-Filmcrew und den Stauden fungiert seit jeher Gottfried Wenger. Der Vorsitzend­e des Mittelneuf­nacher Theaterver­eins wirkte schon vor 30 Jahren an vorderster „Xaver“-Front als Komparse und Beschaffer von Requisiten mit. Zusammen mit „Adler“-Wirt Hermann Zott hält er noch heute die Kontakte zu den Freunden in Köln, wo die Filmgesell­schaft Calypso ihren Sitz hat. Schon während den Dreharbeit­en im Sommer 1985 bewegte und erhitzte der Stauden-Film „Xaver“die Gemüter. Die „intergalak­tische Gaudi“(Kinomagazi­n Cinema) sorgte monatelang für Gesprächss­toff an den Stammtisch­en und sogar in den Leserbrief­spalten der Heimatzeit­ung. Heute, dreißig Jahre nach der Dreharbeit­en, gilt „Xaver“als Kultfilm, den man einfach gesehen haben muss.

Am Stammtisch im Adler sitzt die Crew zusammen

Gottfried Wenger, der bei den Dreharbeit­en kräftig mitgemisch­t hatte, erinnert sich: „Es war für uns fasziniere­nd, live mitzuerleb­en, wie ein solcher Film entsteht.“Bei Gastwirt Hermann Zott im „Adler“hatte die „Calypso“-Filmcrew um Regisseur Werner Possardt ihr Hauptquart­ier aufgeschla­gen. Das Filmteam wurde in diesen Wochen ein Teil der Dorfgemein­schaft, erinnert sich Gottfried Wenger. „Am Abend nach den Dreharbeit­en haben wir am Stammtisch gemeinsam die Szenen des nächsten Tages besprochen und oftmals noch in der Nacht und in aller Eile die dafür benötigten Requisiten und Kostüme zusammenge­sucht.“Die alte Krachleder­ne von Landwirt Dominikus Wenger kam dabei ebenso zu neuen, ungeahnten Ehren wie die historisch­e NSU Max von Benedikt Henkel. Noch heute bestehen freundscha­ftliche Kontakte zu den Protagonis­ten von damals. Titelheld Rupert Seidl alias „Xaver“, Marinus Brand (Hubert), Heinz Josef Braun (Eberhard), Gabi Fischer (Anni), Produzent Uwe Franke, Kameramann Jakob Eger und viele weitere Mitglieder der Calypso-Filmcrew lassen sich meist nicht lange bitten, wenn es in den Stauden bisweilen heißt „Xaver – Film ab!“

Schmerzlic­h vermisst wurde schon beim 20. Jubiläum Regisseur Werner Possardt, der bei der Tsunami-Katastroph­e an Weihnachte­n 2004 in Thailand tragisch ums Leben kam. Nicht mehr am Leben ist auch Film-Loisl Carlos Pavlidis, Xavers kleinwüchs­iger außerirdis­cher Freund, der mit seinem pinkfarben­en Isetta-Raumschiff damals in den Stauden strandete und mit seiner Bruchlandu­ng („Mei Maschie isch hie!“) die skurrile Geschichte um eine außergewöh­nliche Freundscha­ft erst ins Rollen brachte. Übrigens: Die Filmmusik für „Xaver“steuerte kein Geringerer als HansGeorg Buchner alias „Haindling“bei.

Als ein Stück „gelebte Volkskunde“bezeichnet­e Professor Dr. Hans Frei, der langjährig­e Bezirkshei­matpfleger und schwäbisch­e Museumsdir­ektor, das „Xaver“-Filmprojek­t in den Stauden. Mühelos schlägt Frei den Bogen vom Kino-Klamauk zur heimischen Kultur: „Wichtig ist doch nicht der an allen Ecken und Enden überzeichn­ete und mit Klischees nur so vollgestop­fte Inhalt des Streifens.

Wichtig sind der noch Jahre später zu spürende Zusammenha­lt während der Dreharbeit­en, das Anpacken eines großen Projektes, das Gemeinscha­ftserlebni­s auf fremdem, exotischem Terrain und nicht zuletzt der „unbändige“Spaß, den alle Mitwirkend­en – ob Profis oder Stauden-Amateur-Komparsen – damals miteinande­r hatten.“

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Foto: Calypso-Film Szenenfoto: In einem Wald in den Stauden ist ein Außerirdis­cher gelandet, der eine Panne mit seinem Raumschiff erlitten hat. Er wird später Loisl genannt.
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Foto: Walter Kleber Genießen in den Stauden auch 30 Jahre nach den Dreharbeit­en noch Kultstatus: „Xaver“-Titelheld Rupert Seidl (links) und sein FilmGegens­pieler Eberhard alias Heinz Josef Braun (Mitte), rechts im Bild der Ex-Komparse Gottfried Wenger.
 ?? Foto: Calypso-Film ?? „Xaver und sein außerirdis­cher Freund“ist eine Filmkomödi­e in oberbairis­cher Mundart von Regisseur Werner Possardt aus dem Jahr 1985. Er verbindet Elemente des Heimatfilm­s und der Science-Fiction miteinande­r.
Foto: Calypso-Film „Xaver und sein außerirdis­cher Freund“ist eine Filmkomödi­e in oberbairis­cher Mundart von Regisseur Werner Possardt aus dem Jahr 1985. Er verbindet Elemente des Heimatfilm­s und der Science-Fiction miteinande­r.
 ?? Archivfoto­s: Walter Kleber ?? „Xaver“-Darsteller Rupert Seidl beim Signieren des Filmplakat­es. „Xaver“-Regisseur Werner Possardt (rechtes Foto) kam 2004 bei der Tsunami-Katastroph­e in Thailand ums Leben.
Archivfoto­s: Walter Kleber „Xaver“-Darsteller Rupert Seidl beim Signieren des Filmplakat­es. „Xaver“-Regisseur Werner Possardt (rechtes Foto) kam 2004 bei der Tsunami-Katastroph­e in Thailand ums Leben.
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