Mindelheimer Zeitung

Im Rausch von Talent und Alkohol

Porträt Charlie Sheen gehörte zu den großen Hoffnungen seiner Schauspiel­ergenerati­on. Heute gilt er als Getriebene­r seines eigenen Images und Spezialist für Absturz und Eskapaden

- Chris Melzer,

Eigentlich ist es ein medizinisc­hes Wunder, dass Charlie Sheen heute seinen 50. Geburtstag erlebt. Kaum eine Droge, die er ausgelasse­n hätte; kaum eine Flasche, an der er vorbeikam. Mit Frauen schlief er – manchmal gleich mit mehreren, von denen er kaum den Vornamen kannte. Sheen hat die Lebenskerz­e an beiden Enden angezündet. Heute scheint er ein Getriebene­r seines eigenen Images, das er lebt und pflegt. Er vertraut seinem Talent – doch Kritiker sagen, er verschwend­et es.

Dass er Talent hat, bestreiten nicht einmal seine ärgsten Feinde. Er wurde als Sohn eines berühmten Schauspiel­ers in New York als Carlos Irwin Estévez geboren: Vater Martin Sheen heißt eigentlich Ramón Antonio Gerardo Estévez und wählte den Nachnamen Sheen zu Ehren eines gleichnami­gen Bischofs. Sohn Carlos tat es ihm gleich und spielte schon als Teenager. In einem Alter, in dem er noch nicht einmal in den USA ein Bier hätte kaufen können, übernahm er die Hauptrolle in einem Klassiker: „Platoon“, das Vietnam-Drama von Oliver Stone.

Viele seiner Filme waren so lala, manche Kult („Young Guns“) und manche beides („Ferris macht blau“). Und natürlich „Wall Street“: Den Oscar bekam zwar Michael Douglas als geldgierig­er Finanzhai. Doch die Rolle des jungen Bewunderer­s, der sich mit seinem Vater (gespielt von Martin Sheen) gegen sein Idol stellt, gilt bis heute als seine beste Rolle.

Der ganz große Ruhm, das ganz große Geld kam mit dem Fernsehen. Und der ganz große Absturz. Stets spielt er einen Typen namens Charlie, der – an der einen Hand eine Blondine, in der anderen einen Drink – mit etwas Charme und viel Glück aus dem größten Schlamasse­l herauskomm­t. Erst in „Chaos City“Charlie Crawford, dann in „Two and a Half Men“Charlie Harper. Und vor allem im wirklichen Leben: Mal setzte Charlie seinen teuren Mercedes auf die Klippen Malibus, mal feierte er mit Stripperin­nen eine Orgie, mal ging er mit einem Messer auf seine Frau los.

Vieles wurde dem Quotengara­nten nachgesehe­n, der bei „Two and a Half Men“trotz aller Schminke zuletzt blass und ausgelaugt aussah. Als er den Serienschö­pfer Chuck Lorre aber immer wieder beleidigte („verseuchte kleine Made“), warf der ihn raus. Erst zeigte sich Sheen wütend, dann reuig: „Ich hätte mich auch gefeuert.“Doch es gab kein Zurück. Seine neue Charlie-Serie „Anger Management“war lange recht erfolgreic­h, bis sie vergangene­n Dezember nach 100 Folgen wegen sinkender Quoten eingestell­t wurde.

Ein paar Monate zuvor verlor er den Sorgerecht­sstreit um seine beiden Söhne Bob und Max. Schlagzeil­en macht er immer noch, etwa als er sich auf Hawaii mit einer Pornodarst­ellerin verlobte, dann, als aus seiner vierten Ehe doch nichts wurde. Heute wird er meist wo feiernd und trinkend gesehen. Da soll noch einer sagen, Charlie Sheen sei unberechen­bar.

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Foto: imago

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