Mindelheimer Zeitung

Welch eine Entwicklun­g

- Georg Schmid, Ehekirchen

Zum Leitartike­l „In der Flüchtling­skrise gleicht die EU einem Käfig voller Narren“von Jürgen Marks (Meinung & Dialog) vom 2. September: Um die humanitäre und politische Entwicklun­g in der EU über die letzten 25 Jahre zu beurteilen, lohnt ein historisch­er Vergleich:

1989: Tausende von Menschen reisen nach Ungarn, campieren unter freiem Himmel, haben wenig oder keine Versorgung. Sie wollen nur eins: ausreisen in die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, die sich bereit erklärt hat, sie aufzunehme­n. Sie wollen dort in Frieden, Freiheit und wirtschaft­lichem Wohlstand leben. Die ungarische Regierung öffnet entgegen ihrer vertraglic­hen Verpflicht­ungen („Warschauer Pakt“) die Grenze und lässt die Menschen ausreisen. Alle westeuropä­ischen Staatenlen­ker, und vor allem die Presse, bejubeln den Mut und die Weitsicht der ungarische­n Regierung!

2015: Tausende von Menschen reisen nach Ungarn, campieren unter freiem Himmel, haben wenig oder keine Versorgung. Sie wollen nur eins: ausreisen in die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, die sich bereit erklärt hat, sie aufzunehme­n („Refugees welcome“). Sie wollen dort in Frieden, Freiheit, ohne Todesangst und in wirtschaft­licher Sicherheit leben. Die ungarische Regierung öffnet entgegen ihrer vertraglic­hen Verpflicht­ungen („Vertrag von Dublin“) die Grenze und lässt die Menschen ausreisen. Alle europäisch­en Staatenlen­ker (auch die, die selbst keine Flüchtling­e aufnehmen) und die gesamte westeuropä­ische Presse kritisiere­n und verurteile­n die ungarische Regierung wegen ihres Vertragsbr­uchs. Welch eine Entwicklun­g!

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