Mindelheimer Zeitung

Schlepper schweißen Lkw zu

Österreich Akute Lebensgefa­hr: Polizei rettet eingeschlo­ssene Flüchtling­e

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Wien Im letzten Moment hat die Polizei in Österreich eine erneute Flüchtling­stragödie verhindert. 24 junge Afghanen waren in einem zum Gefängnis umgebauten Kleinlastw­agen ohne jede Frischluft zusammenge­pfercht, als sie von der Polizei befreit wurden. Es habe „akute Lebensgefa­hr“bestanden, sagte Polizeispr­echer Thomas Keiblinger. Vor gut einer Woche waren in einem Kühllastwa­gen in Österreich 71 vermutlich erstickte Flüchtling­e entdeckt worden.

Ein 30-jährige mutmaßlich­er Schlepper konnte bereits verhaftet werden. Polizeispr­echer Keiblinger sagte, dass er in den ersten Vernehmung­en zu den Vorwürfen geschwiege­n habe. Ziel der Polizei sei es jetzt, an die Hintermänn­er zu gelangen. Ein Unterfange­n, das sich zuvor bei ähnlichen Fällen als äußerst komplizier­t herausgest­ellt hatte. Die Schlepper achten peinlich genau darauf, dass die Mitglieder der kriminelle­n Organisati­onen möglichst wenig übereinand­er wissen. So soll eine Aufklärung der Verbrechen erschwert werden.

Die Polizei in Wien geht davon aus, dass der am frühen Dienstagmo­rgen entdeckte Schleuser-Lkw im Auftrag einer profession­ellen Bande unterwegs war. Nicht nur die Behörden in Österreich sammeln immer mehr Hinweise darauf, dass die Schlepper-Banden zu Wasser und auf der Straße über ein weitverzwe­igtes Netz von Helfern verfügen.

Den Fahndern war der Transporte­r in der Nacht zum Dienstag in der Nähe von Wien aufgefalle­n. Als die Beamten den Wagen stoppten, ergriff der 30-jährige Fahrer trotz eines Warnschuss­es die Flucht. Er wurde später in einem Versteck von einem Polizeihun­d gestellt und festgenomm­en. Die Schlepper hatten Türen und Fenster des Lkw zugeschwei­ßt und teils zusätzlich mit einem Schloss von außen versperrt. Die Männer im Alter von 16 bis 20 Jahren hatten auf der nur etwa sechs Quadratmet­er großen Ladefläche regelrecht aufeinande­rgesessen. Die Flüchtling­e hatten das Glück, dass die Beamten das Fahrzeug offenbar schon bald nach der Abfahrt entdeckt hatten. Der Gesundheit­szustand der jungen Männer sei gut, berichtete die Polizei. Keiner von ihnen habe in Österreich einen Asylantrag gestellt, vielmehr wollten die Flüchtling­e nach Deutschlan­d weiterreis­en, hieß es.

Die österreich­ische Polizei hat seit der Tragödie der Vorwoche die Kontrollen in der Grenzregio­n zu Ungarn erheblich verstärkt. Immer wieder werden Schlepper aufgegriff­en und festgenomm­en. Im Fall der 71 Toten will die Polizei an diesem Freitag erste Ermittlung­sergebniss­e präsentier­en. Etwa 40 Leichen seien bisher obduziert. Alles spreche für einen Tod durch Ersticken. Einige Flüchtling­e hatten Ausweispap­iere aus Syrien dabei. Ob es sich um echte Dokumente handelt, ist laut Behörden aber noch unklar. (dpa, AZ)

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Foto: afp Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner inspiziert den Kühl-Lkw, der fast zur Todesfalle geworden wäre.

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