Winterkorn bleibt der starke VW-Mann
Konzern-Spitze Nachdem der Schwabe den Machtkampf gegen Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch gewonnen hat, ruhen alle Hoffnungen auf ihm. Mit 68 Jahren ist er enorm gefordert
Wolfsburg Nach seinem Sieg im Machtkampf an der VolkswagenSpitze steht Martin Winterkorn vor einer weiteren Amtszeit als Chef von Europas größtem Autohersteller. Das Aufsichtsratspräsidium sprach sich für eine Vertragsverlängerung mit dem 68 Jahre alten Manager bis Ende 2018 aus, wie VW am Mittwoch in Wolfsburg mitteilte.
Erst im Frühjahr hatte Winterkorn ein wochenlanges Machtgerangel mit dem inzwischen abgetretenen Chefaufseher Ferdinand Piëch überstanden. Und auch bei dessen Nachfolge dürfte es bald Bewegung geben.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der für das Land im VW-Kontrollgremium sitzt, rechnet mit einer raschen Entscheidung zur Nachfolge an der Aufsichtsratsspitze. „Diese Frage wird sicher auch bald beantwortet werden“, sagte der SPD-Politiker. „Ich gehe davon aus, dass dies noch in diesem Jahr sein wird.“
Der Vertrag des Managers wird um zwei Jahre verlängert
Zuvor hatte der VW-Konzern die Planungen für einen neuen Vertrag mit Winterkorn öffentlich gemacht. Über den 2016 auslaufenden Vertrag hinaus wäre Winterkorn damit noch zwei weitere Jahre im Amt. Bei Winterkorns vorangegangener Vertragsverlängerung 2011 hatte das Unternehmen den Manager noch für weitere fünf Jahre an sich gebunden. Das neue Angebot soll Winterkorn in der Aufsichtsratssitzung am 25. September unterbreitet werden.
Noch vor wenigen Monaten schien die Zukunft von Winterkorn als VW-Chef ungewiss. Doch der Manager entschied den Machtkampf mit Auto-Patriarch Ferdinand Piëch für sich. Der langjährige Volkswagen-Übervater zog sich vom Aufsichtsratsvorsitz zurück.
Nun hat Winterkorn allein das Sagen. Er gilt als Technik-Freak und detailversessener Top-Manager – ein „Mr. Qualität“, der jede wichtige Entscheidung selbst treffen will. Vor dem Start neuer Modelle schaut er persönlich zur Endabnahme vorbei und verlangt dabei nicht selten letzte Änderungen. Dabei bemüht er sich stets um einen direkten Draht zur Belegschaft. Winterkorn wurde 1947 in Leonberg bei Stuttgart als Sohn eines Arbeiters und einer Hausfrau geboren. Nach dem Studium der Metallphysik und der Promotion begann seine Laufbahn 1977 zunächst bei Bosch. Eine entscheidende Weichenstellung war vier Jahre später der Wechsel in die Audi-Zentrale nach Ingolstadt. 2002 wurde Winterkorn Audi-Chef, 2007 schaffte er es an die VW-Spitze.
Auch nach seinem Amtsantritt in Wolfsburg war der zweifache Vater erfolgreich, baute den Konzern zu einer Zwölf-Marken-Gruppe aus und fuhr Rekordzahlen ein.
So freut sich VW-Aufsichtsrat und Ministerpräsident Weil, dass der alte auch der neue VW-Chef ist: „Professor Martin Winterkorn ist der richtige Mann an der Spitze von Volkswagen, gerade auch im Hinblick auf die Herausforderungen der kommenden Jahre.“Der derzeitige VW-Aufsichtsratschef Berthold Huber und Betriebsratschef Bernd Osterloh sprachen jeweils von einem „Erfolgsweg“, den VW unter Winterkorns Führung beschritten habe.
Nach der Empfehlung des Präsidiums gilt die Zustimmung des Aufsichtsrates als so gut wie sicher. Der innerste Führungszirkel habe sich einstimmig für ein entsprechendes Angebot an Winterkorn ausgesprochen, hieß es. Der VW-Chef ist derzeit der bestbezahlte Manager unter den 30 Konzernen des Deutschen Aktienindex. Im Jahr 2014 erhielt er Bezüge von fast 16 Millionen Euro.
Trotz seiner Erfolge war er beim einstigen VW-Patriarchen Piëch in Ungnade gefallen. „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“, war der damalige Chefaufseher im April zitiert worden. Insidern zufolge soll Piëch Winterkorns Ablösung betrieben haben. Doch Winterkorn entschied den Machtkampf für sich, Piëch und seine Frau Ursula legten ihre Aufsichtsratsposten nieder. Winterkorn nahm anschließend einen großen Konzernumbau in Angriff. Unter anderem sollen die einzelnen Marken und Regionen in der VW-Gruppe mehr Verantwortung bekommen. Gemeinsam mit dem künftigen Chefkontrolleur wird Winterkorn den Konzern durch schwierige Zeiten steuern müssen.