Mindelheimer Zeitung

Seehofer will Asylmissbr­auch stärker bekämpfen

Kabinett Der Ministerpr­äsident fordert schnelle Entscheidu­ngen und den Abbau finanziell­er Anreize

- VON ULI BACHMEIER

München Die großen Flucht- und Wanderungs­bewegungen nach Deutschlan­d und Europa sind für Bayerns Ministerpr­äsident und CSU-Chef Horst Seehofer das „dritte Megathema dieses Jahrhunder­ts“nach der Finanzkris­e 2008 und nach der Reaktorkat­astrophe in Japan 2011. „Dieses Megathema wird uns nach meiner Einschätzu­ng noch Jahre, Experten sagen sogar Jahrzehnte, beschäftig­en“, sagte Seehofer nach einer Sondersitz­ung des bayerische­n Kabinetts gestern Abend in München.

Ziel der Politik in den kommenden Wochen müsse sein, einerseits mit den Schutzbedü­rftigen Solidaritä­t zu üben und die große Hilfsberei­tschaft in der Bevölkerun­g zu erhalten. Anderersei­ts aber müsse der Asylmissbr­auch abgewehrt werden. Vom Koalitions­gipfel kommenden Sonntag in Berlin erwarte er, „dass wir alle Möglichkei­ten ausschöpfe­n, den Missbrauch des guten Asylrechts im Grundgeset­z zu verhindern.“Was getan und wie es finanziert wird, müsse noch in diesem Monat geklärt werden. Es gehe darum, der Bevölkerun­g zu beweisen, „wir sind handlungsf­ähig“.

Als konkrete Maßnahmen gegen Asylmissbr­auch nannte Seehofer eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsl­änder, schnellere Ver- fahren und den Abbau finanziell­er Anreize. Er könne nicht darüber hinwegsehe­n, dass ihm Regierungs­chefs von Balkanländ­ern sagen, die finanziell­en Anreize, in Deutschlan­d Asyl zu beantragen, seien zu hoch. „Das hat nichts mit Feindlichk­eit oder Ähnlichem zu tun. Das entspringt unserer Verantwort­ung“, betonte der Regierungs­chef.

Konkreter wollte Seehofer gestern nicht werden. Aus Regierungs­kreisen hieß es aber, dass bei Asylbewerb­ern ohne Chance auf Anerkennun­g über eine Wiedereinf­ührung der Residenzpf­licht, eine Rückkehr zum Prinzip der Sachleistu­ngen sowie an Einschränk­ungen bei der Arbeitserl­aubnis nachgedach­t wird.

Außerdem sprach sich der Ministerpr­äsident für eine rigorose Bekämpfung der Schleuserk­riminalitä­t aus. Dazu müssten Justiz und Polizei personell gestärkt werden. Er forderte ein Wohnungsba­uprogramm des Bundes. Und er wies auf weitere Folgen, etwa bei der Finanzieru­ng von Schulen und Kindertage­sstätten, hin. „Es wird bei der Bereitstel­lung öffentlich­er Güter Fragen geben, die wir beantworte­n müssen“, sagte Seehofer und fügte hinzu, der Bund sei „für das, was er tut, und für das, was er nicht tut, in der Verantwort­ung.“Es gehe hier „nicht um Millionen, sondern um Milliarden“.

Rechtsextr­emen Tendenzen, so Seehofer, werde Bayern entschlos- sen begegnen. Unter seiner Führung gebe es „Null-Toleranz für Fremdenfei­ndlichkeit und Rassismus“. Es komme darauf an, „dass wir mit einer schlüssige­n Konzeption auf einer in sich geschlosse­nen ethischgei­stigen Grundlage handeln“.

Innenminis­ter Joachim Herrmann, der den Schlagersä­nger Roberto Blanco einen „wunderbare­n Neger“genannt hatte, nahm Seehofer in Schutz. Er arbeite seit vielen Jahren eng mit Herrmann zusammen und habe ihn „ohne jede Ausnahme als aufrechten Demokraten“kennengele­rnt. Nach Herrmanns Entschuldi­gung bei Blanco und nach dessen „nobler Reaktion“sei für ihn „die Angelegenh­eit erledigt“.

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