Sie verdreht Scheichs den Kopf
Königin der Wüste Werner Herzogs erster Film über eine Frau
Werner Herzog hat die wahnsinnigsten Filme des deutschen Kinos gemacht. Nun erzählt er die abenteuerliche Geschichte der britischen Archäologin Gertrude Bell, die nach dem Ersten Weltkrieg dank brillanter Landeskenntnisse zu einer weiblichen „Lawrence von Arabien“avancierte und maßgeblich die Neuordnung des Nahen Ostens prägte.
Für Herzog ein spätes Debüt: Nach über 60 Filmen hat der 72-Jährige erstmals eine Frau in sein Universum aufgenommen! Ausreichend radikal und rebellisch ist die attraktive Heldin allemal. Dass die Pionierin hierzulande eher unbekannt ist, macht ein filmisches Denkmal umso spannender.
Statt sich mit britischen Gentlemen-Dummköpfen zu langweilen, begibt sich die Wissenschaftlerin lieber auf Forschungsreise nach Teheran, wo sie beim Onkel in der britischen Botschaft logiert. Dort verliebt sie sich unsterblich in den mittellosen Sekretär Henry Cadogan (James Franco), der sie mit Zaubertricks begeistert. Als er überraschend stirbt, begibt sich Bell auf eine waghalsige Expedition in die Wüste. Dort verdreht sie einem Konsul den Kopf und die Stammesfürsten erliegen ihrem Charme.
Bildgewaltig wie gewohnt, liefert Kinotraum-Maschinist Herzog ein visuell furioses Wüstenopus. Sein langjähriger Kameramann Peter Zeitlinger weiß, was er dem Maestro schuldig ist und begibt sich schon mal unerschrocken zwischen eine Herde nervöser Dromedare. Unterdessen entdeckt Herzog neben den Frauen auch den Humor. Als eitler Gockel gerät der selbstgefällige James Franco zu einer Parodie seiner selbst – seine poetischen Ergüsse liefert er vor Geiern ab.
Kreischalarmauslöser Robert Pattinson wirkt in seinem Kostüm wie beim Fasching. Und es gibt Dialoge wie diesen: „Danken Sie Gott, dass sie keine Deutsche sind“, sagt der Scheich. „Dafür danke ich jeden Tag!“antwortet die Lady. Dass die 48-jährige Kidman für die Rolle etliche Jahre zu alt ist? In der Welt des Werner Herzog ticken alle Uhren anders. Da darf es bisweilen auch etwas zu viel Kitsch-Kalorien geben. Schließlich ist dies sein erster Frauen-Film. Und alles andere wäre Majestätsbeleidigung am König Ludwig II. des Kinos. ***
Filmstart in Augsburg und Kempten