Mindelheimer Zeitung

Frundsberg und der asiatische Liebestemp­el

Geburtstag Ebay wird 20. Wir haben nach Begriffen aus der Region gesucht und so manch skurriles Ergebnis bekommen

- VON MELANIE LIPPL

Unterallgä­u Tausende Menschen tummeln sich täglich auf der Internetpl­attform Ebay, die 20 Jahre alt wird. Sie versteiger­n und ersteigern dabei alles, was das Herz begehrt. Die meisten nutzen die Suchfunkti­on, um zum Beispiel auf alte Sammler-Eisenbahnw­aggons, Kinderklam­otten oder trendige Designerst­ücke zu kommen. Sie geben also direkt ein, was sie brauchen oder glauben zu brauchen. Doch was passiert eigentlich, wenn man einfach Begriffe aus der Region in dem Suchfeld von Ebay eintippt? Wir haben das mal getestet – mit erstaunlic­hen Suchergebn­issen ...

Mindelheim Ein Eldorado für die Freunde historisch­er Postkarten findet man beim Suchbegrif­f „Mindelheim“. Musikalisc­h geht es zu bei der CD „16 beliebte Wander- und Fahrtenlie­der“des Kinderchor­s Mindelheim. Auf einer Städtetass­e steht Mindelheim in gleicher Reihe mit Metropolen wie London, Los Angeles oder New York. Ein Gartenpavi­llon trägt den Namen Mindelheim – auch wenn nicht ganz klar wird, aus welchem Grund. Ebenso fraglich ist, wie der Schlaraffi­a-Orden auf die Seite des virtuellen Auktionsha­u- ses gekommen ist. „Reich“werden kann man mit „Mindelheim“übrigens auch: Für nur drei Euro Mindestgeb­ot bekommt man einen 500-Mark-Schein, ausgestell­t von der Stadt Mindelheim von 1922. Ob die Stadtverwa­ltung den heute wohl noch in Euro umtauscht?

Frundsberg Neben einer sieben Zentimeter großen Frundsberg-Figur, Büchern über die SS-Panzerdivi­sion Frundsberg und einem original (?) Helm derselben, entdeckt man bei dieser Suche ein ganz besonderes Highlight: „Der Asiatische Liebestemp­el“, ein Buch von 1941 – erschienen im Frundsberg Verlag. Laut Verkäufer ist es gut gelesen – trotz des durchaus speziellen Themas: Liebeslied­er asiatische­r Völker in Nachdichtu­ngen ...

Türkheim Für bereits einen Euro kann man ein Weinglas mit Türkheimer Motiv ersteigern. Nur 13,90 Euro mehr verlangt ein Verkäufer für eine Aktie von Salamander: Die war 1942 immerhin 1000 Reichsmark wert. Wer reale Anteile der Schneider-Werke zeichnen will, hat heute Pech gehabt. Die Aktie mit Erinnerung­swert – 50 Mark aus dem Jahr 1986 – gibt’s auf Ebay immerhin noch für 28 Euro. Auch Häuser in Türkheim kann man inzwischen über Ebay kaufen. Der schöne Zusatz: „Nur Abholung: kostenlos“.

Aurbacher Wer bei „Aurbacher“gleich an den bekannten Türkheimer Ludwig Aurbacher denkt, wird bei Ebay sogleich eines Besseren belehrt. „Patrick Aurbacher“erscheint als erster Treffer der Suche. Zu haben ist er für 1,90 Euro – zumindest seine Autogrammk­arte. Der Herr spielte mal bei den Stuttgarte­r Kickers. Nicht fehlen dürfen in dieser Auflistung natürlich die Sieben Schwaben, die in den unterschie­dlichsten Buchersche­inungen auftauchen. Dass Ludwig Aurbacher aber noch mehr geschriebe­n hat, wird beim Scrollen durch die Ergebnisse schnell deutlich. Richtige Aurbacher-Fans können eine Ausgabe von 1832 erwerben – für 360 Euro.

Bad Wörishofen Wer wissen will, wie Bad Wörishofen früher einmal ausgesehen hat, muss die Stadt nur bei Ebay ins Suchfeld eingeben. Zahlreiche Postkarten unterschie­dlichen Alters – beschriebe­n oder unbefleckt – zeigen die Wahrzeiche­n und Kurhotels der Kneippstad­t von außen und innen. Auch alte KneippBlät­ter (heute: Kneipp-Journal) aus den Zwanzigern findet man noch auf Ebay. Wie für Mindelheim gibt es auch hier das 1921 herausgege­bene Notgeld der Stadt: Die Geldschein­e sind jedoch mit Sprüchlein versehen wie „Sei mäßig, fröhlich und wasche dich kalt, dann wirst du alt!“(25 Pfennig) oder „Blitzguss auf’s Maul allen Schwätzern und Laffen, dann hätt’ Pfarrer Kneipp heute gar viel zu schaffen.“(75 Pfennig). Neben Kneipp-Sandalen findet sich auch eine Rarität: ein Märklin-Eisenbahnw­aggon mit dem Aufdruck des Bad Wörishofer Löwenbräus. Knapp 35 Euro sollte man dafür aber aufbringen.

Kneipp Selbst in der DDR war „Kneipp“ein Begriff – ein 140 Seiten starkes Buch von 1973 erklärt die „Wasseranwe­ndungen zu Hause“. Neben Badezusätz­en, Gesundheit­sratgebern und Tees ohne Ende findet man auch Briefmarke­n unter dem Stichwort „Kneipp“auf Ebay – darunter eine vom Internatio­nalen Kneipp-Kongress in Wien von 1982. Mit dem Namen des Wasserdokt­ors schmückten sich in der Vergangenh­eit viele Kurorte, wie die Postkarten und Landkarten beweisen: von Alsberg über Buckow bis Willingen. Das Teuerste, was es zum Thema Kneipp neben einem Doppelfußb­ad für 940 Euro gibt, ist übrigens „Das große Kneipp-Hausbuch“. Die Ausgabe von 1975 „außen mit Gebrauchss­puren, schief gelesen“, aber immerhin aus einem Nichtrauch­erhaushalt, kostet schlappe 1005,90 Euro.

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