Fatale Fehleinschätzung
Justiz Landwirt fährt mit tonnenschwerem Gespann zu knapp an Radler vorbei. Der stürzt, wird überrollt und stirbt
Kaufbeuren Es war ein an sich kleiner Fehler, der im Oktober 2015 fatale Folgen hatte: Ein Landwirt (48) überholte im Kaufbeurer Umland einen 73-jährigen Radfahrer und kam mit seinem Traktor samt angehängtem Güllefass zu nah an diesen heran. Der Radler stürzte und wurde von den Hinterrädern des Anhängers überrollt. Er erlitt so schwere Verletzungen, dass er noch an der Unfallstelle starb.
Der Traktorfahrer erhielt in der Folgezeit einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung über insgesamt 4200 Euro und ein zweimonatiges Fahrverbot. Der Mann legte Einspruch ein, beschränkte diesen aber vor dem Amtsgericht auf das Strafmaß und akzeptierte damit den Schuldspruch. Das Urteil lautete 3 150 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot. Dass der Richter unter dem Strafbefehl blieb, lag auch daran, dass der bis dato unbescholtene Angeklagte unter den Folgen des Geschehens leidet. Er war mit dem Unfallopfer gut bekannt und wirkte während der Verhandlung sichtlich mitgenommen.
Gleich zum Prozessauftakt hatte er über seinen Verteidiger erklärt, dass es ihm „unendlich leid“tue. Am Unfalltag war er mit seinem Traktor-Gespann unterwegs, als er vor sich einen Bekannten auf einem Elektro-Bike sah. Dieser habe ihn mit einem Handzeichen zum Überholen aufgefordert. Den Unfall könne sich der Bauer nur so erklären, dass der Radfahrer während des Überholvorgangs „eine abrupte Bewegung“mit dem Lenker gemacht habe und dann zwischen Traktor und Anhänger geraten sei. Dass der 73-Jährige während des Überholvorgangs möglicherweise ins Straucheln geraten war, darauf deuteten auch Zeugenaussagen hin.
Der Richter sah die Verantwortung gleichwohl beim Angeklagten: „Wenn eine etwa fünf Tonnen schwere Zugmaschine und ein acht Tonnen schweres Güllefass immer näher kommen, kann man kaum von einem Mitverschulden sprechen, wenn ein Radfahrer da den Lenker verreißt.“
Dass die Unfallursache ein zu geringer Abstand war, ging aus der Spurenauswertung des Sachverständigen klar hervor. Für den Vorsitzenden war es eine „bedauerliche Fehleinschätzung“des Bauern, die zu dem folgenschweren Unfall führte.