Eine bessere Zukunft für den „Schandfleck“
Sanierung Die alte Ziegelei beim Golfplatz wird Schritt für Schritt saniert. Investor Volker Wilhelm steckt dafür bis zu zwei Millionen Euro in das Projekt. Mit dem Neubau anstelle eines abgerissenen Hauses beginnt der nächste Abschnitt
Türkheim Volker Wilhelm nimmt da kein Blatt vor den Mund: „Das ist ein Schandfleck,“sagt er mit Blick auf die eingefallenen Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei am Ludwigsberg. Schritt für Schritt will Wilhelm diesen Schandfleck entfernen und einer funktionalen Nutzung zuführen.
Volker Wilhelm, Unternehmer aus Neuburg/Donau mit Wohnsitz in Inning am Ammersee, ist zur Hälfte Eigentümer des GolfplatzAreals und hat im Zuge dieser Investition auch das Gelände der früheren Ziegelei mitgekauft. Entsprechend hartnäckig hält sich daher in Türkheim auch das Gerücht, der Golfplatz-Betreiber würde aus der alten Ziegelei ein Golf-Hotel machen. Doch daraus wird nichts, betonte Wilhelm erneut, denn: „Das würde sich niemals rechnen“.
Aus dem ehemaligen Fabrikgebäude wurde bereits eine Lagerund Werkstatthalle, in der die Maschinen zur Pflege des Golfplatzes untergebracht werden. Jetzt steht der nächste Schritt an: Wo früher ein Haus an der Römerstraße mit der Hausnummer 8 stand, soll wieder ein Haus gebaut werden – neu und mit etwas größeren Ausmaßen als das frühere Gebäude, das im Herbst 2016 abgetragen wurde.
Entsprechend skeptisch waren die Mitglieder des Bauausschusses des Türkheimer Gemeinderates dann auch, schließlich ist das betreffende Grundstück laut Flächennutzungsplan als Waldgebiet ausgewiesen und eine Bebauung somit nicht mehr vorgesehen. Nur wenn das alte Haus erhalten geblieben und jetzt durch einen Neubau ersetzt werden würde, wäre eine unkomplizierte Genehmigung möglich. So heißt es aber: „Was weg ist, ist weg“, machte SPD-Gemeinderätin Agnes Sell deutlich.
Wilhelm begründete den Abriss mit Sicherheitsgründen, er habe zwar geahnt, dass ein Abriss Schwierigkeiten bei der Genehmigung machen könnte, wollte aber kein Risiko eingehen: „Dort haben sich immer wieder Jugendliche herum getrieben, die das als Abenteuerspielplatz genutzt haben. Ich wollte nicht, dass noch etwas passiert“, so Wilhelm.
Nach eingehender Disskussion stimmten die Gemeinderäte dann aber doch mehrheitlich für eine Genehmigung des Neubaus – das letzte Wort hat jetzt das Landratsamt.
Für Volker Wilhelm ist dieser Neubau jedoch nur ein weiterer Mosaikstein, um das Areal der Ziegelei wieder so herrichten, dass es von Spaziergängern oder auch von Golf-Gästen nicht länger als Schandfleck wahrgenommen wird.
Die jetzt noch maroden Gebäudeteile sollen in den nächsten zwei Jahren Schritt für Schritt saniert werden, wofür Wilhelm rund 750 000 Euro veranschlagt. Insgesamt rechnet Wilhelm mit einer Gesamtinvestition von bis zu zwei Millionen Euro. Dass eine mögliche Nutzung im weistesten Sinne auch mit dem benachbarten Golfplatz zu tun haben wird, liegt für Wilhelm auf der Hand. Er könne sich dort unter anderem Trainingsmöglichkeiten für Golfer im Winter vorstellen, eine Art Indoor-Golfcenter also, damit die golfbegeisterten Sportler und Clubmitglieder auch in der kalten Jahreszeit ihrem Vergnügen nachgehen können.
Wie bereits mehrfach berichtet, ist die wechselvolle Geschichte der historischen, von Herzog Maximilian Philipp errichteten Ziegelei in den Türkheimer Heimatblättern nachzulesen. Im Auf und Ab wirtschaftlicher Entwicklung erlebte sie nach einem Zusammenbruch anno 1931 in den Jahren 1934 bis 1940 eine neue Blütezeit. Die deutsche Wehrmacht zeigte Interesse an der zwischenzeitlich stillgelegten Ziegelei und nahm die Produktion wieder auf. Für Kasernenbauten wurden jede Menge Ziegelsteine gebraucht. Etwa 90 Arbeiter fanden damals eine Beschäftigung. Mit einem neuen Brennverfahren wurde die Produktion gesteigert. Täglich belieferten drei Lastwagen und zwei Zugmaschinen Baustellen in Lechfeld, Landsberg, Memmingen, Immenstadt, Kaufbeuren, Kempten und Bad Wörishofen. An einem eigenen Verladegleis wurden jährlich 150 Waggons abgefertigt. Die Ziegelbrenner hatten Hochkonjunktur, bis der Zweite Weltkrieg ausbrach. Das Werk musste 1940 die Fertigung einstellen und und brannte im Januar 1943 völlig aus. Soldaten hatten die Maschinen der Ziegelei vorher nach Wien transportiert.
Rund um die Ziegelei auf Gut Ludwigsberg, das untrennbar mit der Geschichte der Familie Wiedemann verbunden ist, herrschte schon einmal, wie auch heute gesellschaftliches Leben. Am 25. April 1826 erhielt Coletta Wiedemann die Erlaubnis auf dem „Zieglerberg“Bier auszuschenken und Gäste mit kalten Speisen zu bewirten. Als triftige Gründe für die Erteilung der Schankkonzession führte die Behörde unter anderem ins Feld: „Das Ausflugslokal ist wegen der Entfernung zum Marktflecken keine Konkurrenz für die in Türkheim ansässigen Wirte“. Zudem, so hieß es, sei die Ziegelei ein Erholungsplatz mit schöner Aussicht und von Türkheim aus leicht erreichbar. Und noch eines zählte: „Die Familie Wiedemann hat sich diese Konzession verdient.“