Sie wollte ins knallrote Gummiboot
Geburtstag Die norwegische Schlagersängerin Wencke Myhre liebt auch mit 70 noch Action und Spaß
Augsburg Man muss sie mögen, diese Wencke Myhre. Nicht, weil sie als norwegischer Import den deutschen Schlager veredelt hat. Aber sie hat Spaß in die Szene gebracht, mit ihren rollenden Augen, ihrem Temperament und Trällerliedern, die man sofort nachsingen konnte. Heute wird sie 70.
Die große Geburtstagsparty findet aber erst am Samstag mit einem Konzert, Action eingeschlossen, in Oslo statt. Und dort, so sagt sie, will sie auch zum ersten Mal vor ihren Landsleuten „Ein knallrotes Gummiboot“zum Besten geben. Weil die Sängerin das „im Rucksack“hat und damit sehr gerne ihre Klientel erfreut. Hauptsache, sie lässt das „Flower-Power-Kleid“weg – mit seinem „Ding-Dong BamaLama SingSong TeenieWeenie“-Dings – verwirrte Norweger hätten nach diesem Lied niemals mehr ein Paar Ski auf die Sprungschanze bekommen.
Deutschlands Schlagerbranche hat Wencke Myhre in der Tat viel zu verdanken. Anfangs der 1960er Jahre lahmte das Geschäft mit deutschen Sängerinnen: Margot Eskens verhalf einer Schallplattenverkäuferin zu einer Hochzeit im Wiener Stephansdom, Connie Francis heulte vom „Paradiso“und Conny Froboess dachte bereits an ihre Theaterlaufbahn als Cornelia. Da kam die skandinavische Invasion gerade recht. Die bereits etablierte Schwedin Siw Malmkvist, die Dänin Gitte und deren Landsfrau Dorthe brachten mit ihrer unkomplizierten Art die schwerblütigen Deutschen in Stimmung.
Wencke Myhre gewann 1966 mit dem nicht gerade lyrikpreisverdächtigen Lied „Beiß nicht gleich in jeden Apfel“die bei Fernsehzuschauern beliebten Deutschen Schlagerfestspiele. Und womöglich war sie die erste singende Fußballbraut, die ganz nah dran war an ihrem Liebling: „Er steht im Tor, im Tor und ich dahinter“. In einem Video gab sie Ende der 1960er Jahre die gute Fee hinter den Maschen des damaligen kultigen Keepers vom TSV 1860 München, Petar Radenkovic´ . In den 1970er Jahren ließ der Nordwind nach im unsteten Schlagergeschäft. Aber Wencke Myhre bekommt Mitte der 1970er Jahre im mit „Das ist meine Welt“ihre erste eigene Show. In den Kanon der klassischen Unterhaltungssendungen hat es die Mainzer Reihe aber nie geschafft. Wencke Myhre wird zur Freude der Yellow Press aber ein Familienmensch. Dreimal ist sie verheiratet, viermal wird sie Mutter. Ihre Kinder machen sich gelegentlich über Mama lustig, weil sie angeblich „keine Ahnung von Männern“habe. Aber Beruf und Familie gehen ihr über alles.
Die Sängerin, die an Brustkrebs litt, hat die schwere Krankheit, wie es heißt, überwunden. „Ich fühle, ich habe so viel, für das ich dankbar sein kann.“
Ihre deutschen Schlagererfolge hat Wencke Myhre bei aller Liebe zum Heimatland nicht vergessen. Mit den Kolleginnen Siw Malmkvist und Gitte begeisterte sie in einer Nostalgie-Show und ging vor zehn Jahren auch auf Tournee – und auch mit modernerem Repertoire.
Der 70. Geburtstag macht einer Frau wie ihr keine Probleme: „Da kommt eine Zahl vom Himmel und sagt, du bist 70. Dann ist es so.“