Pflaster für kranke Herzen
Wiederaufbau von Gewebe anvisiert
Mit natürlichen Eigenschaften
Göttingen Die Herzmuskelschwäche betrifft weltweit mehr als 20 Millionen Menschen und ist eine der häufigsten Erkrankungen mit Todesfolge. Bisherige Therapieansätze können den Krankheitsverlauf verlangsamen, das Herz aber nicht reparieren. Forschern der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) am Deutschen Zentrum für Herz-KreislaufForschung (DZHK), Standort Göttingen, ist es nun gelungen, sogenannte Herzpflaster oder auch „Engineered Heart Muscle“(EHM) für den Wiederaufbau von verloren gegangenem Herzmuskelgewebe herzustellen.
Das Forscherteam unter der Leitung von Professor Wolfram-Hubertus Zimmermann hat dafür die Herstellungsbedingungen für EHM so weit entwickelt, dass eine Prüfung in Patienten mit Herzmuskelschwäche im Rahmen kontrollierter klinischer Studien erstmalig machbar scheint. Durch die Anwendung innovativer und individualisierbarer 3D-Druckverfahren ist es darüber hinaus gelungen, schlagende Herzpflaster in der für Patienten mit Herzmuskelschwäche nötigen Größe und Form herzustellen. Dabei zeigen die EHM Eigenschaften des erwachsenen Herzens, die bisher nicht im Labor zu erzielen waren. Dazu gehört unter anderem eine Zunahme der Herzkraft bei Steigerung der Herzfrequenz; ein Mechanismus, der in jedem gesunden Menschen nachweisbar ist und bei Herzmuskelschwäche verloren geht. Diese natürlichen Gewebeeigenschaften machen EHM für eine direkte Anwendung als Herzpflaster sowie als Testsystem für die Entwicklung und Prüfung neuer Arzneimittel besonders attraktiv. Die Methode und erste exemplarische Anwendungen im Bereich der Arzneimitteltestung und Herzreparatur wurden im Februar in der Fachzeitschrift Circulation veröffentlicht.
„Die von uns entwickelten hoch definierten Kulturbedingungen sind für eine Anwendung in der Arzneimittelentwicklung wie auch für eine Herzreparatur ein aus unserer Sicht entscheidender Durchbruch“, sagt Erstautor Dr. Malte Tiburcy, Institut für Pharmakologie und Toxikologie der UMG. „Auf Grundlage des von uns entwickelten Verfahrens bereiten wir aktuell die weltweit erste klinische Studie zum Herzmuskelaufbau über Herzpflaster in Patienten mit Herzmuskelschwäche vor“, so Zimmermann. Das Konzept der Herzreparatur basiert auf dem passgenauen Einbau schlagender Herzmuskelgewebe aus dem Labor in das erkrankte Herz.