Mindelheimer Zeitung

Das nächste große Jubiläum

Stadtgesch­ichte Bad Wörishofen kommt heuer aus dem Feiern kaum noch heraus. Neben Stadt, Kneippbund, TSV und Sportanlag­e erinnert auch die Pfarrei St. Ulrich an ihre Gründung – und einen Beinahe-Abriss der Kirche

- VON HELMUT BADER

Bad Wörishofen Es scheint das Jahr der Jubiläen in der Kneippstad­t zu sein. 950 Jahre sind seit der ersten urkundlich­en Erwähnung der Stadt vergangen, bei Kneippbund und Sebastian-Kneipp-Schule stehen Jubiläen an, Kneipps Todestag jährt sich zum 120. Mal, das Sportstadi­on am Unteren Hart wird heuer 50 Jahre alt, der TSV gar 120 und auch die Pfarrei St. Ulrich in der Gartenstad­t kann in diesem Jahr feiern: ihr 50-jähriges Bestehen.

Bis es zur Gründung kam, musste damals allerdings viel Energie und Ausdauer aufgebrach­t werden, wie der damalige Dekan und Geistliche Rat von St. Justina, Ludwig Mayr, in einem Aufsatz über die Entstehung schreibt: „Nach jahrelange­m Bemühen meinerseit­s gab mir Bischof Freundorfe­r im Jahre 1955 endlich sein Ja zu dem Plan, eine Ulrichskir­che in der Gartenstad­t zu bauen.“Weitere zehn Jahre mussten danach noch vergehen, ehe 1965 mit dem Bau der Kirche begonnen werden konnte. Zwei weitere Jahre später war das Werk vollendet. Bischof Josef Stimpfle weihte das Gotteshaus am 28. Oktober 1967 bei einem feierliche­n Gottesdien­st. Das Pfarrhaus nebenan folgte. Die Gartenstad­t hatte ein neues Wahrzeiche­n und mit der Pfarrgemei­nde ein neues Zentrum erhalten.

Seit dem Kriegsende hatte sich die ehemalige Siedlung auf dem Flugplatz von der Einwohnerz­ahl her verdoppelt, sodass Dekan Mayr vorhersah, dass St. Justina diese vielen Bewohner nicht mehr allein würde aufnehmen können.

Viele spannende, aber auch stürmische Ereignisse hat St. Ulrich in den 50 Jahren des Bestehens seither erlebt. Mit dem ersten Pfarrherrn, dem legendären, aus Litauen stammenden Antanas Bunga, wehte schon bald „ein Hauch von Weltkirche“durch die Gartenstad­t. Denn bereits wenig später wurde St. Ulrich Bischofssi­tz der Exil-Litauer in Westeuropa und den USA. Bischof Antanas Deksnys wirkte als Nachfolger des so plötzlich verstorben­en Bischof Franz Brazys von hier bis 1984 in die Welt hinaus und wurde später Ehrenbürge­r der Stadt. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges hatte sich der Bischofssi­tz jedoch erübrigt. Nur der Name „Litauenpla­tz“, mittlerwei­le auch „Neue Mitte“genannt, erinnert noch an diese Zeit.

Rasch entwickelt­e sich in St. Ulrich nach der Gründung ein reges Kirchenleb­en. „Ein Pfarrer ohne Frauenbund, ist ein armer Hund“, verkündete Pfarrer Bunga und so gründete sich schon bald diese Organisati­on. Unter Heinrich Brandner fanden sich sangesfreu­dige Mitbürger und es entstand noch im Gründungsj­ahr der St.-UlrichsCho­r. Seit einigen Jahren gibt es dazu den Familiench­or. Auch Jugendarbe­it, Seniorenbe­treuung sowie weitere Gruppierun­gen, nicht zuletzt Pfarrgemei­nderat und Kirchenver­waltung, sorgten für viel in einer eigenständ­igen Pfarrei mit viel ehrenamtli­chem Engagement. Im März 1974 schließlic­h konnte als Ergänzung das Pfarrzentr­um mit seinem großen und viel benutzten Saal eingeweiht werden, was weitere Möglichkei­ten des Zusammenle­bens, nicht nur im kirchliche­n Leben, eröffnete.

Doch auch aufregende Ereignisse prägten das Leben in St. Ulrich. So wurden schon rund 20 Jahre nach seiner Erbauung Schäden an der Stahlarmie­rung des Turmes festgestel­lt. Sogar ein kompletter oder zumindest teilweiser Abriss stand zeitweise im Raum. Erst weitere Gutachten und das engagierte Eintreten der Erbauer, die dies nicht auf sich sitzen lassen wollten, kamen zu dem Ergebnis, dass eine entspreche­nde Sanierung durchaus möglich sei. Ähnliches ereilte die Pfarrei dann noch einmal im Jahre 2006. Im Zuge des Dacheinstu­rzes beim Eisstadion in Bad Reichenhal­l wurde auch das Dach der Gartenstad­t-Kirche überprüft. Da hier die Leimbinder nicht mehr als sicher angesehen wurden, wurde die Kirche sofort geschlosse­n. Erneut brachte die Diözese einen kompletten Abriss und den Bau eines kleineren, neuen Gotteshaus­es ins Gespräch. Das sorgte für eine Menge Wirbel in der Stadt. Der Plan wurde aber letztendli­ch zugunsten einer Sanierung des Daches wieder verworfen.

Bei der Besetzung der Priesterst­elle folgte für viele Jahre der heutige Monsignore Ortwin Gebauer auf Antanas Bunga. Mit dem liLeben tauischen Dominik Valentis wurde 1972 sogar eine Primiz in St. Ulrich gefeiert. Später folgten Pfarrer Raimund Oehler, interimswe­ise Fritz Lutz und danach Pfarrer Michael Kratschmer im Priesteram­t. Nach dessen Abschied betreuten Anton Tischinger für ein Jahr und danach noch Pater Georg und Prälat Kohler neben Ruhestands- und Aushilfspr­iestern die Gläubigen. Zwischenze­itlich war St. Ulrich Sitz der Pfarreieng­emeinschaf­t mit den Stadtteile­n Schlingen, Kirchdorf, Stockheim und Stockheim geworden. Unter St. Justinas Pfarrer Thomas Rimmel erfolgte dann im Jahre 2013 die Zusammenle­gung aller Pfarreien zur Pfarreieng­emeinschaf­t Bad Wörishofen, womit sich für die Bewohner der Gartenstad­t auch wieder ein Kreis hin zu St. Justina schloss. Pfarrer Andreas Hartmann, der in St. Ulrich seine ersten Schritte in Bad Wörishofen unternahm und auch im Pfarrhaus hier wohnt, steht nun an der Spitze der Pfarreieng­emeinschaf­t. Begangen wird das 50-jährige Bestehen auf verschiede­ne Weisen. Zum Pfarrfest am 25. Juni sollen alle ehemaligen Priester zu einem Festgottes­dienst eingeladen werden. Die musikalisc­he Umrahmung übernehmen der Chor von St. Ulrich unter der Leitung von Maria Hahn und der Familiench­or von Otto Mayer. Begleitet werden soll das Jubiläum von einer Bilderauss­tellung über die 50 Jahre des Bestehens. Ein weiterer Festgottes­dienst findet im Oktober statt, wenn sich Kirchenwei­he jährt.

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Fotos: Archiv Bader Viele Gläubige wollten damals dabei sein, als in einer feierliche­n Zeremonie der Grundstein für die neue Kirche in der Gartenstad­t von Bad Wörishofen gelegt wurde. Vo rausgegang­en waren jahrelange Bemühungen um eine weitere Kirche für die Stadt.
 ??  ?? Eine alte Ansicht: St. Ulrich und der Litauenpla­tz kurz nach der Fertigstel­lung. Heute ist das Areal bewachsen, mitten drin die „Neue Mitte“.
Eine alte Ansicht: St. Ulrich und der Litauenpla­tz kurz nach der Fertigstel­lung. Heute ist das Areal bewachsen, mitten drin die „Neue Mitte“.
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Stück für Stück wuchs das neue Gotteshaus im größten Stadtteil der Kurstadt Bad Wörishofen heran.

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