Mindelheimer Zeitung

Aus Spielsucht Vereinskon­to leergeräum­t

Justiz Urteil gegen ehemaligen Vorsitzend­en, einen bis dahin unbescholt­enen Rentner. Das Geld hat er mittlerwei­le zurückgeza­hlt. Warum die Haft auf Bewährung ausgesetzt wurde

- VON BARBARA BESTLE

Kaufbeuren Ein 72-jähriger Rentner hatte sich in seinem Leben noch nie etwas zuschulden kommen lassen – bis er sich im vergangene­n Herbst wiederholt am Konto eines Vereins bediente, dessen Vorsitzend­er er zu diesem Zeitpunkt war. Als seine Taten im Oktober aufflogen, fehlten 2900 Euro und das Konto war somit fast leer geräumt.

Vor dem Amtsgerich­t Kaufbeuren war er jetzt aber voll geständig und einsichtig. Sein Fehlverhal­ten, so betonte er, tue ihm „unheimlich leid“. Inzwischen ist der Mann auch nicht mehr Vorsitzend­er des Vereins. Als Grund für seine Taten nannte er Geldproble­me aufgrund seiner Spielsucht. Er wurde der Untreue in 45 Fällen schuldig gesprochen und zu einer einjährige­n Bewährungs­strafe sowie einer Geldauflag­e in Höhe von 1000 Euro verurteilt.

Zu Beginn der Verhandlun­g hatte der Angeklagte mit großer Offenheit geschilder­t, wie es zu den Taten gekommen war: Er spiele seit Jahren an Automaten und habe zur Begleichun­g seiner dadurch entstanden­en Schulden auch schon einen Kredit aufnehmen müssen.

Im Jahr 2015 habe er eine Therapie gemacht und danach eine Zeitlang nicht gespielt. Im Sommer 2016 habe er jedoch aufgrund familiärer Probleme wieder damit angefangen. Zur Finanzieru­ng seiner Sucht hob er dann mit der vereinseig­enen ECKarte binnen zwei Monaten 45-mal Geld ab. Die Beträge, die zwischen 50 und 100 Euro lagen, verfüttert­e er dann an Spielautom­aten.

Mittlerwei­le hat der Angeklagte dem Verein das Geld zurückgeza­hlt. Auch zur Bekämpfung seiner Spielsucht hat er bereits Schritte unternomme­n: Er befindet sich derzeit in regelmäßig­er, ambulanter Behandlung und hat zudem eine stationäre Therapie beantragt.

Vor Gericht machte der Angeklagte jetzt nicht nur auf seinen Verteidige­r „einen sehr vernünftig­en Eindruck“.

Auch die Staatsanwä­ltin und die Richterin nahmen ihm seine Reue und sein Bemühen um eine Behandlung ab.

Beide stellten auch in Rechnung, dass der Angeklagte jeweils nur relativ geringe Beträge abgehoben hatte, und hielten eine Ahndung „am unteren Rand des Strafrahme­ns“für vertretbar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany