Trotz Draghi die Zügel fest in der Hand
Genossenschaftsbanken Die Gewinne fallen wegen der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank schmäler aus. Wie die regionalen Banken die Herausforderungen meistern wollen und was das für Kunden bedeutet
Erkheim Mario Draghi spornt mit seiner Null-Zins-Politik nicht nur unternehmerisch zu Höchstleistungen an. Auch sprachlich setzt der bei Banken und Sparern ungeliebte Präsident der Europäischen Zentralbank ganz neue Kräfte frei. Von einem „draghischen Zinskonstrukt“sprach Manfred Rockenfeller, der Vorsitzende des Vorstands der Genossenschaftsbank Unterallgäu, auf der Bilanzpressekonferenz der sechs Unterallgäuer Genossenschaftsbanken in Erkheim. Wenn die Zinsen faktisch abgeschafft sind, drückt das empfindlich die Gewinne der Banken.
Dennoch sind die Volks- und Raiffeisenbanken im Unterallgäu mit der Geschäftsentwicklung sehr zufrieden. Die Bilanzsumme kletterte 2016 um 6,5 Prozent auf 3,12 Milliarden Euro. Die verwahrten Kundengelder stiegen um 6,75 Prozent auf 2,42 Millionen Euro. Das sagte Anton Jall, der Vorsitzende des Genossenschaftskreisverbandes.
Die vielen Einlagen freilich werden zunehmend zum Problem. Sie verursachen Kosten. Deshalb verlangt die Genossenschaftsbank Unterallgäu mit Sitz in Mindelheim für Kommunen und Firmenkunden neuerdings ein „Verwahrentgelt“von 0,4 Prozent pro Jahr für Einlagen, die eine Viertelmillion überschreiten. Für Privatkunden gibt es einen solchen Strafzins derzeit nicht. Ähnliche Regelungen gelten auch bei den anderen Häusern oder werden demnächst eingeführt. Eine andere Stellschraube ist das Absenken der Dividende. Bei der Genossenschafts- bank Unterallgäu gibt es nur noch zwei Prozent statt bisher vier. Die Kontogebühren werden an der einen oder anderen Stelle erhöht.
Die Kosten kommen auch an anderer Stelle auf den Prüfstand. Frei werdende Stellen werden nicht mehr automatisch besetzt. Das Filialnetz wird tendenziell eher grobmaschiger. Im Vorjahr wurden Geschäftsstellen in Unterkammlach, Eck, Attenhau- sen und Kirchhaslach aufgegeben. Heuer sind in Ungerhausen, Stetten und in der Gartenstadt aus Geschäftsstellen Selbstbedienungsstellen geworden. 2018 werden Bedernau und Salgen schließen, sagte Walter Eberhard von der Raiffeisenbank Pfaffenhausen.
Immer neue Vorschriften machen der gesamten Bankenbranche zu schaffen. Allein die Institute im Kreisverband geben pro Jahr zwei Millionen Euro allein für Regularien aus. Jüngstes Beispiel ist die „Verbraucherstreitbeilegung“. Zu jedem Vertrag müssen Banken nun ein Formular beilegen, auf dem steht: Verbraucher sollten sich im Streitfall um außergerichtliche Einigung bemühen.
17 000 Euro im Jahr gibt die Genobank Unterallgäu im Jahr allein für Porto aus, um Kunden eine vorgeschriebene Information über die Einlagensicherung zukommen zu lassen, die die Genossenschaftsbanken gar nicht betrifft. Dort werden alle Einlagen garantiert und nicht nur die gesetzlich vorgeschriebene Summe von 100 000 Euro. Jede Bank muss auch einmal pro Jahr der Bundesbank melden, wie viele Mitarbeiter eine Million Euro und mehr verdienen. Weil das seit Jahren keiner ist, gibt es jedes Mal eine Fehlanzeige. Rockenfeller sagt dazu nur: „ein Witz“. Trotz all dieser Widrigkeiten gelingt es den Genossenschaftsbanken eigenen Angaben zufolge, sich gut zu behaupten. Jan Wanner von der VRBank Memmingen sagt, das Vertrauen der Kunden sei sehr hoch. Der private Immobilienmarkt boome und die Firmen investierten. Die ausgegebenen Kredite stiegen insgesamt um gut vier Prozent auf 1,75 Millionen Euro. Im Einzelnen lief es bei den sechs Genossenschaftsbanken der Region im vergangenen Jahr so:
Genossenschaftsbank Unterallgäu Immer mehr Kunden wählten das Online-Banking, sagt Manfred Rockenfeller. Jene Filialen mit den geringsten Kundenkontakten wurden in SB-Stellen umgewandelt.
Raiffeisenbank Türkheim Wolfgang Bertl machen die vielen Regelungen zu schaffen. Kleinere Banken treffe das besonders schwer. Den Immobilienmarkt hält Bertl in Teilen für überhitzt. Er hege bei so manchen verkauften Häusern Zweifel, ob diese wertstabil sind.
Raiffeisenbank Pfaffenhausen Walter Eberhard sagt, die Bank sei stabil, gesund, sehr leistungsfähig und ein verlässlicher Partner für Firmen und Privatkunden. Der Zinsüberschuss ging um sieben Prozent zurück. Ähnliches erwartet er für 2017. Mit der Grünen Mitte in Pfaffenhausen betätigt sich die Raiffeisenbank inzwischen erfolgreich auch als Bauträger.
VR Bank Memmingen René Schinke berichtet von einem guten Jahr 2016. Auch hier sind es die Baufinanzierungen, die Impulse geben.
Raiffeisenbank Iller Roth Günz Sie will mit der Raiffeisenbank Krumbach fusionieren, die etwa halb so groß ist. Helmut Graf sagt, die Kunden seien verunsichert: keine Zinsen bei steigender Inflation. Groß sei die Nachfrage im privaten Wohnungsbau.
Raiffeisenbank im Allgäuer Land Sie hat mit der Raiffeisenbank Haldenwang fusioniert. Deshalb sind die vorgelegten Steigerungszahlen wenig aussagekräftig. Joachim Schanz sagt, den Kunden werde verstärkt geraten, das Geld in Aktienfonds anzulegen.
Raiffeisen Waren Der Umsatz der drei Warenhäuser ging um 5,6 Prozent auf 67,6 Millionen Euro zurück. Die Landwirtschaft sei derzeit abgekoppelt von der ansonsten sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis, so Anton Jall.