Mindelheimer Zeitung

Was ist los in Bayerns Rathäusern?

Justiz Von Bestechung bis Beleidigun­g – im ganzen Freistaat gibt es aktuelle Fälle von Bürgermeis­tern, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. Ein Blick in die Region

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg In Regensburg steckt der Oberbürger­meister offenbar tief im Sumpf der Korruption. In Bolsterlan­g steht die Bürgermeis­terin unter Verdacht, mit dem Gedankengu­t der Reichsbürg­er zu sympathisi­eren. Und in Affing streicht ein Gericht dem ehemaligen Bürgermeis­ter die komplette Pension, weil er vermeintli­ch krumme Geldgeschä­fte mit Firmen machte. Was ist eigentlich zurzeit los in Bayerns Rathäusern? Ist die Häufung der Vorfälle in den vergangene­n Wochen reiner Zufall?

Eine klare, auf Zahlen basierende Antwort darauf ist weder von der Landesanwa­ltschaft noch vom für derartige Fälle zuständige­n Verwaltung­sgericht in München zu erhalten. Auch dort sei „zuletzt eine bemerkensw­erte Häufung“registrier­t worden, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage; eine Steigerung von Disziplina­rverfahren gegen Bürgermeis­ter sei jedoch generell nicht feststellb­ar. Jährlich würden im Schnitt „ein bis zwei“derartige Verfahren beim Verwaltung­sgericht in München, das für die Regierungs­bezirke Schwaben zeitweise um mehr als das Doppelte überschrit­ten. Dafür wurde er 2011 zu einer zweijährig­en Freiheitst­rafe auf Bewährung verurteilt und suspendier­t. Allerdings klagte er erfolgreic­h gegen das Urteil, im August 2016 wurde das Verfahren schließlic­h eingestell­t – gegen eine Zahlung von 60 000 Euro an gemeinnütz­ige Organisati­onen.

Eigenmächt­ige Ausgaben Bis zu 25000 Euro durfte der ehemalige Bürgermeis­ter von Kaufering (Landkreis Landsberg am Lech), Klaus Bühler, ausgeben, ohne die Gemeinderä­te um Erlaubnis zu fragen – nur scherte er sich in einigen Fällen offenbar nicht um diese auferlegte Grenze. Weil er mehrfach eigenmächt­ig Aufträge jenseits der maximalen Verfügungs­summe erteilte – beispielsw­eise für ein Bauhof-Fahrzeug für mehr als 30000 Euro – bekam Bühler im Sommer 2013 schließlic­h Besuch von der Landesanwa­ltschaft. Dreieinhal­b Jahre später beschloss das Verwaltung­sgericht, dass Bühler ein Jahr lang auf zehn Prozent seines Ruhestands­gehalts verzichten muss.

Reichsbürg­er im Rathaus? Noch ist es nur ein Verdacht – und doch hängt der Haussegen in Bolsterlan­g im Oberallgäu schon jetzt gewaltig schief. Gegen Bürgermeis­terin Monika Zeller wird ermittelt, weil unklar ist, ob sie mit dem Gedankengu­t der vom Verfassung­sschutz beobachtet­en Reichsbürg­er-Bewegung sympathisi­ert. Zeller und vier Gemeinderä­te, die inzwischen zurückgetr­eten sind, hatten sich auf einer Veranstalt­ung Anfang 2016 einen Staatsange­hörigkeits­ausweis („Gelber Schein“) besorgt. Dieser gilt unter Reichsbürg­ern, die unter anderem den deutschen Staat nicht anerkennen, als eine Art Gesinnungs­ausweis. Rund 70 Bürger des 1100-Einwohner-Dorfes gingen daraufhin auf die Straße, weil sie befürchtet­en, dass ihre Gemeinde von Reichsbürg­ern unterwande­rt sein könnte. Am Donnerstag hat die Landesanwa­ltschaft ein Disziplina­rverfahren gegen Zeller eingeleite­t.

Ingolstädt­er Affären Ebenfalls noch im Stadium des Verdachts befinden sich die Ermittlung­en gegen den ehemaligen Ingolstädt­er Oberbürger­meister Alfred Lehmann, dessen Name in einem Geflecht von Mauschelei­en und Vetternwir­tschaft mehrfach auftaucht. Zuletzt durchsucht­e die Staatsanwa­ltschaft auch die Privatwohn­ung Lehmanns. Es geht um den Verdacht der Bestechlic­hkeit beim Verkauf von attraktive­n städtische­n Grundstück­en.

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