Gerechtigkeit statt Zoff im Rat
Debatte Besucher des „Liberalen Gesprächs“wollen über die Situation im Stadtrat sprechen. Was Claus Thiessen und Stefan Ibel sagten
Bad Wörishofen Es sollte um Gerechtigkeit gehen, doch einige Besucher des „Liberalen Gesprächs“wollten lieber über die derzeitige Situation im Wörishofer Stadtrat sprechen, welche die Stadt in keinem besonders guten Licht erscheinen lasse. Gastgeber Claus Thiessen von der FDP und sein Gast Stefan Ibel, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, merkten dazu ebenfalls wie der anwesende Stadtrat Helmut Vater (SPD) an, dass es keineswegs an ihnen läge, dass die Kooperation derzeit so schwierig sei. Damit war es dann aber auch getan. Versammlungsleiter Thiessen und auch Bernhard Mohr, der Kreisvorsitzende der FDP, wollten dieses Thema an diesem Abend weitestgehend ausgespart wissen. Stefan Ibel betonte statt dessen, zum ursprünglichen Thema zurückkehrend, dass sich die gesellschaftliche Entwicklung nicht mehr zurückdrehen ließe und dass die Politik darauf eben reagieren müsse, indem sie die Schwerpunkte richtig setze. Zum Beispiel müsse man nur den großen Konzernen die Steuervorteile wegnehmen, dann wäre der Weg zu mehr Gerechtigkeit durchaus möglich. Gerechtigkeit sei der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhalte, betonte Ibel. Gerechtigkeit bedeute aber nicht Gleichmacherei, vielmehr gehe es um Gleichberechtigung aller nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch bei der Würde des Menschen. Diese Gerechtigkeit aufrecht zu erhalten sei alles andere als leicht und würde von den Parteien auf verschiedene Weise angegangen. In der Politik stehe dabei aber immer auch der Zwang zum Kompromiss im Raum. Dass SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz das Auseinandergehen der Schere zwischen Arm und Reich angesprochen habe, halte er, Stefan Ibel, für eine gute Sache, wenn man nur an die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden der großen Konzerne im Vergleich zum einfachen Arbeiter denke.
Auf dieser Basis entspann sich eine angeregte Diskussion, die zunächst auf das Thema „Kindergarten, Schulen und Bildung“kam. Eine Streichung der Kindergartengebühren wurde ebenso ins Gespräch gebracht wie die Möglichkeit eines Gerechtigkeitsausgleiches durch die entsprechende Schulbildung. Eine Teilnehmerin merkte allerdings an, dass sie keine Möglichkeit zur „totalen Gerechtigkeit“sehe. Mike Hammermayer sah dagegen gerade die Bildung als gute Ausgleichsmöglichkeit an. Der frühere JU-Vorsitzende Bad Wörishofens hat inzwischen die CSU verlassen und sich der FDP angeschlossen. Grund dafür sei die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin gewesen. Mehrmals betont wurde aber, dass in unserem Bildungssystem durchaus die Möglichkeit bestünde, auch aus „einfacheren Verhältnissen“den Weg nach oben zu schaffen, wenn entsprechend gefördert, aber auch gefordert würde. So betonte ein Teilnehmer, dass gute Techniker und Ingenieure auch in einer veränderten Gesellschaft ihren Platz finden würden.
Diese Veränderungen in der Gesellschaft und der Verlust vieler Familienstrukturen wurden ebenfalls ins Gespräch gebracht. Thiessen sprach deshalb auch an, dass die Bedeutung des Geldes aus seiner Sicht inzwischen schon fast an die Stelle des Glaubens getreten sei, was er sehr bedauere.
Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält