Mindelheimer Zeitung

Ein Bettchen ahmt die Autofahrt nach

Erziehung Ford entwickelt eine Wippe für Babys, die brummt und schaukelt und einschläfe­rn soll. Warum das einen Marketing-Experten begeistert und eine Hebamme verstört

- VON CHRISTINA HELLER Foto: Ford

Augsburg Es ist mitten in der Nacht und das Baby will einfach nicht einschlafe­n. Es quengelt und ist unruhig und hält seine Eltern wach. Was tun? Die Lösung in vielen Familien lautet: Kind anziehen und ab ins Auto. Denn nach ein paar Runden durch die Nachbarsch­aft schläft das Kleine wie ein Engelchen. Mama oder Papa am Steuer sind dagegen hellwach.

Ein Problem, für das der amerikanis­che Autokonzer­n Ford nun eine Lösung bereithält. In Spanien wollte der Autobauer eines seiner Modelle bewerben. Dafür schaltete er aber nicht nur Werbung, sondern gab auch eine Babywiege in Auftrag. Das Besondere: Das Bettchen imitiert eine Autofahrt. Eine Platte im Boden schaukelt das Kind so, als säße es im Auto. Lautsprech­er ahmen das Geräusch eines Motors nach. Am oberen Rand der Wippe sind Lichter angebracht, die die vorbeizieh­ende Straßenbel­euchtung simulieren. Das Ganze lässt sich über eine Smartphone-App steuern.

Das Bettchen ist ein Renner. Die Nachfrage sei so hoch, dass man nun darüber nachdenke, die Wiege in Serie zu produziere­n, teilt Ford mit. Nur warum stellt ein Autobauer ausgerechn­et eine Wippe her?

Professor Klaus Kellner hält das für den besten Einfall, von dem er seit langem gehört hat. Er unter- richtet Marketing an der Hochschule Augsburg und sagt: „Die Wiege ist genau auf die Zielgruppe zugeschnit­ten.“Ford verkaufe Familienau­tos. Dazu sammelt der Konzern Sympathie-Pluspunkte bei Eltern, weil er mit dem Produkt suggeriert, dass er sich über ihre Probleme Gedanken macht. „Und der Slogan von Ford lautet: Eine Idee weiter. Mit der Wippe hält der Autoherste­ller genau dieses Markenvers­prechen ein“, sagt Kellner.

Der Eindruck, dass Babys im Auto besser einschlafe­n, stimme, bestätigt auch Astrid Giesen, Vorsitzend­e des bayerische­n Landesverb­ands der Hebammen. Denn zum einen seien sie aus dem Bauch ständige Bewegungen gewöhnt und zum anderen gleichmäßi­ge Geräusche. Im Auto gibt es beides. Und das wiegt die Babys nicht nur in den Schlaf, sondern auch in Sicherheit.

Vom Autofahrt-Simulator hält die Hebamme Giesen trotzdem nichts. Auch wenn sie verstehen kann, dass er Eltern entlaste. „Babywippen oder Wiegen funktionie­ren im Prinzip ähnlich“, bestätigt sie. Aber sie bräuchten immer einen Erwachsene­n, der sie in Bewegung hält. „Und der redet ja oft mit dem Kleinen oder streichelt es“, sagt Giesen. Diese Zuwendung sei für das Baby in seiner Entwicklun­g sehr wichtig. Das In-den-Schlaf-Schaukeln einem Automaten zu überlassen, hält sie für problemati­sch.

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Max Motor Dreams heißt diese Erfindung des Autobauers Ford. Es ist ein Baby Bett chen, das eine Autofahrt simuliert.

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