Mindelheimer Zeitung

Was in Mindelheim alles im Boden schlummert

Umwelt Immer wieder stoßen Bauherren auf unliebsame Überraschu­ngen. Die Behörden haben die Umweltsünd­en der Vergangenh­eit im Blick

- VON JOHANN STOLL

Altlasten direkt im Stadtgebie­t

Die Wirtschaft­swunderjah­re der Nachkriegs­zeit haben Deutschlan­d Wohlstand gebracht. Die Kehrseite tickt im Boden. In diese Jahre fallen unzählige wilde Mülldeponi­en, die übers ganze Land verteilt sind. Auch die Kreisstadt Mindelheim ist betroffen.

In einem Altlastenk­ataster sind alle Verdachtsf­älle oder bestätigte­n Umweltsünd­en aufgeführt, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Details will sie nicht preisgeben. Bei Auskünften aus dem Altlastenk­ataster handele es sich um personenbe­zogene und damit schutzwürd­ige Daten, da die erfassten Informatio­nen Rückschlüs­se auf den Eigentümer zuließen, teilte Julia Beck vom Büro des ersten Bürgermeis­ters mit. Auch das Landratsam­t verweist auf den Datenschut­z.

Allgemein heißt es vonseiten der Kreisbehör­de: Bei den Altlastenf­lächen in Mindelheim handelt es sich zum einen um ehemalige Deponien, zum anderen um Flächen, auf denen mit umweltgefä­hrdenden Stoffen umgegangen worden ist und auf denen die Möglichkei­t beziehungs­weise die Gefahr einer schädliche­n Bodenverän­derung besteht. Bei Letzteren handelt es sich zum Beispiel um ehemalige Standorte von Betrieben.

Bei der Debatte um den Spielplatz an der Bourg-de-Péage-Straße war bekannt geworden, dass Müll unter dem Ausweichgr­undstück liegt. Diese Pläne sind nun jedoch vom Tisch (siehe nebenstehe­nder Artikel). Als kritisch werden generell Bahnlinien eingeschät­zt. Dort wird Unkrautver­nichtungsm­ittel verwendet.

Altlasten schlummern also direkt im Stadtgebie­t. Immer wieder stellen Bauherren fest, dass der Unter- gefährlich­e Stoffe enthält. Dem Landkreis und der Stadt Mindelheim ist es so im Vorjahr beim Anbau des neuen Feuerwehrs­chulungsge­bäudes gegangen. Da musste der Aushub teuer in einer Müllverbre­nnungsanla­ge entsorgt werden, sagte der stellvertr­etende Kommandant Wolfgang Heimpel.

Im Nordosten der Stadt am Rande des Neubaugebi­etes unweit des Basketball-, Bolzplatze­s und des Kneipp-Beckens liegt Müll im Bo- den. Beim Aushub des Kneippbeck­ens musste Hausmüll abgefahren werden.

In der Nähe warnt ein Schild vor Explosions­gefahr, das auf einem Schachtdec­kel am Boden angebracht ist. Das Gelände ist frei zugänglich. Darunter befindet sich ein Biofilter. Durch diesen Schacht könnten Abgase der Hausmüllde­ponie schadlos abgeleitet werden, teilt die Stadtverwa­ltung mit und gibt gleich Entwarnung: „Es ist nahezu ausgeschlo­sgrund sen, dass von diesem Schacht eine Gefahr ausgeht“. Laut dem Bayerische­n Landesamt für Umwelt (LfU) ist es jedoch Pflicht, solch ein Schild anzubringe­n.

Das Gelände ist immer wieder untersucht worden. 1998 gab es eine historisch­e Untersuchu­ng durch die Firma Schott & Partner GmbH. 1999 erkundete die Fachfirma Blasy & Mader GmbH das Areal. Sechs Rammkernso­ndierungen wurden vorgenomme­n, um Schichtpro­file zu erhalten. Bodenluft wurde untersucht und Bodenprobe­n entnommen. Im Jahr 2000 wurden von derselben Firma fünf stationäre Bodenluftm­essstellen und zwei Grundwasse­rmessstell­en errichtet.

Wiederholt wurde das Gelände mit einem Flammenion­isationsde­tektor begangen. Auch eine Deponiegas­absaugunte­rsuchung wurde vorgenomme­n. 2001 gab das damalige Wasserwirt­schaftsamt in Krumbach Entwarnung. Es seien keine weiteren wasserwirt­schaftlich­en Untersuchu­ngen notwendig. 2003 und 2004 wurden eine Bodenschic­ht aufgebrach­t, das Gelände rekultivie­rt und zwei Biofiltera­nlagen eingebaut.

Zuletzt war im Jahr 2011 das Bayerische Landesamt für Umwelt vor Ort. 2012 erfolgten weitere Bodenluftu­ntersuchun­gen durch Dr. Schott und Dr. Straub (Büro für Geotechnik und Umweltfrag­en). Die Ergebnisse all dieser Untersuchu­ngen seien „dauerhaft unauffälli­g“, heißt es in der Stellungna­hme der Stadt Mindelheim.

Bei den Untersuchu­ngen im Jahr 2011 konnten keine auffällige­n Deponiegas­emissionen wie Methan oder Schwefelwa­sserstoff nachgewies­en werden. Anzeichen für Deponiegas­e habe es auch keine gegeben. Heuer im Sommer ist eine weitere Untersuchu­ng des Filters vorgesehen. Wenn erneut keine Ausgasunge­n festgestel­lt werden, wird der Biofilter zurückgeba­ut. Schacht und das Schild werden entfernt. Es bestehe keine Gefahr für spielende Kinder.

Wenn ein Verdacht auf Altlasten besteht, werden historisch­e Erkundunge­n vorgenomme­n. Vor einer Bebauung prüfen Wasserwirt­schafts-, Gesundheit­s- und unter Umständen das Landwirtsc­haftsamt, ob es schädliche Auswirkung­en auf die Umwelt, das Grundwasse­r, den Menschen und den Boden gibt.

Die Kosten der Untersuchu­ngen trägt übrigens der Verursache­r. Das heißt, bei ehemaligen Hausmüllde­ponien der Stadt kommt die Stadt dafür auf.

 ?? Foto: Johann Stoll ?? Im Mindelheim­er Norden neben Kneippbeck­en und Basketball­platz warnt dieses Schild vor Gasen, die explodiere­n könnten. Unter der Wiese schlummern Altlasten.
Foto: Johann Stoll Im Mindelheim­er Norden neben Kneippbeck­en und Basketball­platz warnt dieses Schild vor Gasen, die explodiere­n könnten. Unter der Wiese schlummern Altlasten.

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