Was in Mindelheim alles im Boden schlummert
Umwelt Immer wieder stoßen Bauherren auf unliebsame Überraschungen. Die Behörden haben die Umweltsünden der Vergangenheit im Blick
Altlasten direkt im Stadtgebiet
Die Wirtschaftswunderjahre der Nachkriegszeit haben Deutschland Wohlstand gebracht. Die Kehrseite tickt im Boden. In diese Jahre fallen unzählige wilde Mülldeponien, die übers ganze Land verteilt sind. Auch die Kreisstadt Mindelheim ist betroffen.
In einem Altlastenkataster sind alle Verdachtsfälle oder bestätigten Umweltsünden aufgeführt, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Details will sie nicht preisgeben. Bei Auskünften aus dem Altlastenkataster handele es sich um personenbezogene und damit schutzwürdige Daten, da die erfassten Informationen Rückschlüsse auf den Eigentümer zuließen, teilte Julia Beck vom Büro des ersten Bürgermeisters mit. Auch das Landratsamt verweist auf den Datenschutz.
Allgemein heißt es vonseiten der Kreisbehörde: Bei den Altlastenflächen in Mindelheim handelt es sich zum einen um ehemalige Deponien, zum anderen um Flächen, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist und auf denen die Möglichkeit beziehungsweise die Gefahr einer schädlichen Bodenveränderung besteht. Bei Letzteren handelt es sich zum Beispiel um ehemalige Standorte von Betrieben.
Bei der Debatte um den Spielplatz an der Bourg-de-Péage-Straße war bekannt geworden, dass Müll unter dem Ausweichgrundstück liegt. Diese Pläne sind nun jedoch vom Tisch (siehe nebenstehender Artikel). Als kritisch werden generell Bahnlinien eingeschätzt. Dort wird Unkrautvernichtungsmittel verwendet.
Altlasten schlummern also direkt im Stadtgebiet. Immer wieder stellen Bauherren fest, dass der Unter- gefährliche Stoffe enthält. Dem Landkreis und der Stadt Mindelheim ist es so im Vorjahr beim Anbau des neuen Feuerwehrschulungsgebäudes gegangen. Da musste der Aushub teuer in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt werden, sagte der stellvertretende Kommandant Wolfgang Heimpel.
Im Nordosten der Stadt am Rande des Neubaugebietes unweit des Basketball-, Bolzplatzes und des Kneipp-Beckens liegt Müll im Bo- den. Beim Aushub des Kneippbeckens musste Hausmüll abgefahren werden.
In der Nähe warnt ein Schild vor Explosionsgefahr, das auf einem Schachtdeckel am Boden angebracht ist. Das Gelände ist frei zugänglich. Darunter befindet sich ein Biofilter. Durch diesen Schacht könnten Abgase der Hausmülldeponie schadlos abgeleitet werden, teilt die Stadtverwaltung mit und gibt gleich Entwarnung: „Es ist nahezu ausgeschlosgrund sen, dass von diesem Schacht eine Gefahr ausgeht“. Laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) ist es jedoch Pflicht, solch ein Schild anzubringen.
Das Gelände ist immer wieder untersucht worden. 1998 gab es eine historische Untersuchung durch die Firma Schott & Partner GmbH. 1999 erkundete die Fachfirma Blasy & Mader GmbH das Areal. Sechs Rammkernsondierungen wurden vorgenommen, um Schichtprofile zu erhalten. Bodenluft wurde untersucht und Bodenproben entnommen. Im Jahr 2000 wurden von derselben Firma fünf stationäre Bodenluftmessstellen und zwei Grundwassermessstellen errichtet.
Wiederholt wurde das Gelände mit einem Flammenionisationsdetektor begangen. Auch eine Deponiegasabsauguntersuchung wurde vorgenommen. 2001 gab das damalige Wasserwirtschaftsamt in Krumbach Entwarnung. Es seien keine weiteren wasserwirtschaftlichen Untersuchungen notwendig. 2003 und 2004 wurden eine Bodenschicht aufgebracht, das Gelände rekultiviert und zwei Biofilteranlagen eingebaut.
Zuletzt war im Jahr 2011 das Bayerische Landesamt für Umwelt vor Ort. 2012 erfolgten weitere Bodenluftuntersuchungen durch Dr. Schott und Dr. Straub (Büro für Geotechnik und Umweltfragen). Die Ergebnisse all dieser Untersuchungen seien „dauerhaft unauffällig“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt Mindelheim.
Bei den Untersuchungen im Jahr 2011 konnten keine auffälligen Deponiegasemissionen wie Methan oder Schwefelwasserstoff nachgewiesen werden. Anzeichen für Deponiegase habe es auch keine gegeben. Heuer im Sommer ist eine weitere Untersuchung des Filters vorgesehen. Wenn erneut keine Ausgasungen festgestellt werden, wird der Biofilter zurückgebaut. Schacht und das Schild werden entfernt. Es bestehe keine Gefahr für spielende Kinder.
Wenn ein Verdacht auf Altlasten besteht, werden historische Erkundungen vorgenommen. Vor einer Bebauung prüfen Wasserwirtschafts-, Gesundheits- und unter Umständen das Landwirtschaftsamt, ob es schädliche Auswirkungen auf die Umwelt, das Grundwasser, den Menschen und den Boden gibt.
Die Kosten der Untersuchungen trägt übrigens der Verursacher. Das heißt, bei ehemaligen Hausmülldeponien der Stadt kommt die Stadt dafür auf.