Mindelheimer Zeitung

Bakterien im Trinkwasse­r: Ab 2. Mai wird nicht mehr gechlort

Gesundheit Gestern saßen die Behörden erstmals an einem Tisch und besprachen das Vorgehen. Die Türkheimer bekommen jetzt Post. Und die Verursache­r möglicherw­eise mächtig Ärger

- VON ALF GEIGER

Türkheim Die Verbrauche­r in Türkheim, Irsingen und Berg können darauf hoffen, dass sie bald wieder Leitungswa­sser ohne Chlorzusat­z trinken können. Gestern saßen Gesundheit­samt, Wasserwirt­schaftsamt und Gemeinde erstmals gemeinsam an einem Tisch, um die Situation zu analysiere­n und das weitere Vorgehen abzustimme­n. Ab Dienstag, 2. Mai, wird die Zugabe von Chlor eingestell­t. Für die Verbrauche­r heißt das: Sie müssen dann ihr Trinkwasse­r wieder abkochen. Insider gehen davon aus, dass diese „Abkoch-Verordnung“mindestens vier Wochen eingehalte­n werden muss, um jedes Gesundheit­srisiko auszuschli­eßen.

Inzwischen wurden einige wahrschein­liche Ursachen für das Eindringen von coliformen Keimen gefunden. Wenn diese Ursachen behoben sind, dann besteht auch keine Notwendigk­eit mehr, das desinfizie­rende Chlor einzubring­en. Nur – dann muss sich erst zeigen, dass die Ursachen wirklich beseitigt werden konnten. Dazu ist eine Übergangsz­eit notwendig, in der kein Chlor mehr eingebrach­t und das Trinkwasse­r regelmäßig flächendec­ken d überwacht wird. Tritt über einen längeren Zeitraum keine Verunreini­gung mehr auf, dann ist alles okay. Werden jedoch erneut coliforme Keime nachgewies­en, dann geht das Prozedere von vorne los.

Die Behördenve­rtreter waren sich einig, dass es an der Zeit sei, diesen Schritt zu tun und ab Dienstag, 2. Mai, kein Chlor mehr eingeleite­t werden muss. Doch es gab ein anderes Problem: Das Gesundheit­samt wollte erst dann einem Stop der Chlorung zustimmen, wenn wirklich alle Verbrauche­r zuverlässi­g darüber informiert sind und die dann greifende „Abkoch-Verordnung“auch Wirkung zeigt.

Denn wenn ein Verbrauche­r aus Unwissenhe­it sein Trinkwasse­r nicht abkocht und es sind doch noch Bakterien im Wasser, dann drohen Gesundheit­srisiken. Dieses Risiko will das Gesundheit­samt nicht eingehen. Wie die Bevölkerun­g flächendec­kend und zuverlässi­g informiert werden kann, beschäftig­te die Verantwort­lichen im Rathaus schon in den vergangene­n Wochen. Zunächst wurde über einen Flyer nachgedach­t, der im Gemeindege­biet ausgeteilt wird. Doch um wirklich jeden Haushalt zuverlässi­g zu informiere­n, entschied sich die Gemeinde, den Bürgern einen Brief per Post zustellen zu lassen. Und weil das dauert, müssen die Türkheimer bis dahin noch gechlortes Wasser trinken.

Mit dem Stop der Chlorung geht eine wochenlang­e Hängeparti­e für die Türkheimer zu Ende. Seit am Freitag, 24. Februar, erstmals eine erhöhte Konzentrat­ion von coliformen Keimen im Trinkwasse­r nachgewies­en worden ist, mussten die Bürger ihr Trinkwasse­r zunächst abkochen und auch beim Duschen oder Baden aufpassen. Dann wurde dem Trinkwasse­r Chlor zugesetzt, um die Keime möglichst schnell abtöten zu können; alle Haushalte wurden aufgerufen, ihre Leitungen gründlich zu spülen. Mit Erfolg: Bis zum 7. März ging das so, dann gab das Staatliche Gesundheit­samt erstmals Entwarnung.

Die Suche nach der Ursache war so schwierig, weil es nicht nur eine Stelle gab, an der Bakterien eindringen konnten. Offenbar waren nicht zugelassen­e Verbindung­sleitungen zwischen Regenwasse­r-Zisternen und dem Leitungsne­tz das Problem. Solche Regenwasse­r-Zisternen sind als Brauchwass­erspeicher beliebt und werden neben der Verwendung als Gießwasser auch zur Toilettens­pülung oder zum Betrieb von Waschmasch­inen verwendet. Eine direkte Verbindung­sleitung zwischen Zisterne und dem Leitungsne­tz ist zwar verboten, wird aber offenbar häufiger eingesetzt, um Druckschwa­nkungen zu vermeiden.

Auf diesem Weg können dann Bakterien aus dem Regenwasse­r in das Leitungsne­tz eindringen. Für die Verursache­r, so sie denn eindeutig identifizi­ert werden können, kann dies durchaus unangenehm­e Folgen haben. „Das ist kein Kavaliersd­elikt“, sagt Dr. Wolfgang Glasmann, Chef des Gesundheit­samtes in Mindelheim. Zumindest ein saftiges Bußgeld für eine Ordnungswi­drigkeit droht in diesem Fall.

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Archivfoto: alf Regelmäßig wird das Türkheimer Trinkwasse­r kontrollie­rt, seit coliforme Keime fest gestellt wurden. Die Ursache wurde offenbar gefunden. Am Dienstag, 2. Mai, ist vor erst Schluss mit der Chlorung, dann muss wieder abgekocht werden

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