Der Vielbeschäftigte
Porträt Der ehemalige Kunstminister Thomas Goppel ist der älteste noch aktive Parlamentarier in Bayern. Warum er sich selbst als Stier charakterisiert
Sich selbst charakterisierte er einmal, einen Vergleich aus der Tierwelt bemühend, als Stier: Voller Gelassenheit und ruhig – solange man ihn nicht reizt. Wer Thomas Goppel zum Freund hat, kann sich auf ihn verlassen, unbedingte Hilfestellungen mit eingeschlossen. So ist er für seinen Parteifreund Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nach wie vor „ein wichtiger Begleiter“, einer der Architekten des modernen Bayern.
Er gehört heute der älteren Generation der CSU-Garde an, war jedoch bei seinem Einzug in den Landtag 1974 der jüngste Abgeordnete der Christsozialen. Der Grundschuldienst hatte den Jungpädagogen nicht allzu lange halten können. Ab da saßen zwei Mitglieder der Familie Goppel im Maximilianeum, denn Vater Alfons war zu jener Zeit Ministerpräsident – und zudem der Senior im Landtag. Heute ist der Sohn der älteste noch aktive Parlamentarier. In Aschaffenburg geboren, führte ihn das Lehramtsstudium nach Würzburg, zurück nach München und 1982 für die Promotion ins nahe Salzburg. Da war er längst politisch aktiv, getreu seinem Anspruch, sich in die Gesellschaft einzubringen und nicht nur bequem auf andere verlassen zu wollen.
Wer wissen will, was der im Kreis Landsberg mit seiner Frau Claudia lebende Vollblutpolitiker macht, fragt einfacher, was Thomas Goppel nicht macht. Er gilt als fleißig, zielstrebig und zuverlässig. Sein Tagesablauf ist durchgeplant, es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Landkreisbürger in seinem Eresinger Büro vorstellig wird. „Er hört sie alle an und geht den Anliegen sofort nach“, berichtet Eva Resch, seit nun bald 25 Jahren seine Büroleiterin. Im Laufe seiner Karriere war Thomas Goppel, der Vielbeschäftigte, bayerischer Staats- und CSU-Generalsekretär, wurde Europa-, Umweltund Wissenschaftsminister. Nach dem nicht ganz freiwilligen Rückzug aus der Regierungsverantwortung hat er die Schlagzahl allerdings nur unmerklich reduziert. „Durch die Vielzahl der Ehrenämter, die mir Horst Seehofer einst nach der Kabinettsumbildung antrug, bin ich glänzend ausgelastet.“Interessiert und mit einem Schmunzeln der Genugtuung verfolgt Goppel, der am Sonntag seinen 70. Geburtstag feiert, derzeit die Entwicklung um den aktuellen Ministerpräsidenten und dessen Zukunftspläne. „Vor neun Jahren befand er mich noch als alt genug, um jüngeren Platz zu machen.“Seehofer ist inzwischen selbst 67 Jahre alt – jetzt lerne er offenbar die Erfahrung der Älteren wertzuschätzen.
Thomas Goppel steht heute unter anderem der Senioren-Union vor, ist Präsident des Bayerischen Musikrates. Er ist Vorsitzender im Landesdenkmalrat, Gründer und Sprecher der Christsozialen Katholiken. Um den Senioren ein Sprachrohr zu sein und der Forderung der Landtagskollegen zu entsprechen, könnte es sein, dass er bei der kommenden Landtagswahl erneut kandidiert – auch wenn ihn die mit Disziplin ertragene Krankheit multiple Sklerose dazu zwingt, das Tempo etwas zu reduzieren. Foto: imago