Merkel und Putin spielen Mikado
Eigentlich wollten Merkel und Putin über den bevorstehenden G20-Gipfel reden, zu dem Deutschland Anfang Juli die wirtschaftlich führenden Industrie- und Schwellenländer nach Hamburg einlädt. Dort, so versprach der russische Präsident der Kanzlerin, werde er konstruktiv mitarbeiten. Das klang freundlich.
Aber für die politischen Konflikte, von der Ukraine bis Syrien, zeichneten sich in Sotschi keine Kompromisse ab. Von einem politischen Gespräch, das der Vorbereitung eines Routinetermins galt, konnte auch kaum der Durchbruch für die Lösung globaler Krisen erwartet werden.
Immerhin, die Gesprächsatmosphäre ist ein Seismograf. Und dieser zeigte gestern an, dass man weiter miteinander reden kann, auch wenn keiner bereit ist, von seinen Grundpositionen abzuweichen.
Für die Ukraine gibt es immerhin bereits einen Friedensfahrplan, den Vertrag von Minsk. Aber es hapert an der Umsetzung. Putin lässt zu, dass die Separatisten in der Ostukraine militärisch zündeln, und der Westen zwingt Kiew nicht, die vereinbarten Reformen umzusetzen. Solange sich die politischen Führer Russlands und des Westens aber damit begnügen, Forderungen an die jeweils andere Seite zu stellen, wird keine Lösung gelingen. Weder Putin noch Merkel brachen gestern in Sotschi aus diesem Schema aus. Beide spielten Mikado.
Und so bleiben gute Beziehungen zwischen Deutschland und Russland bis auf Weiteres ein Wunschtraum. Wie lange soll das eigentlich so bleiben? Ist nicht endlich jemand bereit, über seinen Schatten zu springen?