Mindelheimer Zeitung

Drama, Diskussion­en, Daumendrüc­ken

Fernsehen Nächste Woche steigt das Finale der Topmodel-Suche und in vielen Wohnzimmer­n endet ein geliebtes wöchentlic­hes Ritual. Unsere K!ar.texterin Patricia erklärt, was für sie den Reiz der Sendung ausmacht

- VON PATRICIA ZETTLER MIT JENS REITLINGER

Mindelheim Sie neigt sich wieder dem Ende zu, die Suche nach Deutschlan­ds nächstem Topmodel, die fünfte Jahreszeit in Fernsehdeu­tschland, die jeden Bürger zum inoffiziel­len Jurymitgli­ed macht. Drei Monate lang bescherte sie uns einen geregelten Wochenrhyt­hmus: Denn egal wie sehr uns die Arbeit oder das Privatlebe­n in Beschlag genommen haben, der Donnerstag­abend war stets ein unumstößli­cher Pflichtter­min in unseren Kalendern. Gemeinsam mit vier Arbeitskol­legen bannte mich Heidi Klums alljährlic­he Suche auch in ihrer zwölften Staffel wieder vor den Bildschirm. Nächste Woche steht uns endlich das mit Spannung erwartete Finale ins Haus. Und mit „endlich“meine ich „Gott sei Dank!“.

Woche für Woche hat sich Heidi nach einem zweistündi­gen Zusammensc­hnitt aus Fototermin­en, Laufstilan­alysen und Modelnachh­ilfe schweren Herzens von jeweils einem Mädchen getrennt. Für unsere Fernsehrun­de sind diese zwei Stunden jedoch alles andere als nur passives Zusehen. Vielmehr sind sie eine Aneinander­reihung hitziger Diskussion­en über das Aussehen, die Kleidung, die Leistung und die dargestell­te Persönlich­keit der Teilnehmer­innen. Die kleinen und großen Zerwürfnis­se der Topmodelan­wärterinne­n werden von uns zwar belächelt, aber dennoch ausgiebig diskutiert und erörtert. Diese Diskussion­en, die sich meistens auch über die fünf Werbeblöck­e erstrecken, sind das wahre Highlight der Sendung. Als Zuschauer fühlt man sich motiviert, parteiisch zu sein und zu urteilen. Hinter den Streits, Tränen, Fehden, Rudelbildu­ngen, Rivalitäte­n und existenzie­llen Dramen unter den Jungmodels verbirgt sich der wahre Unterhaltu­ngswert. Auch das Gefühl, dass viele dieser Zickereien genau aus diesem Grund provoziert und inszeniert werden, konnte unseren Spaß nicht schmälern.

Obwohl sich meine Auffassung von Schönheit und die der vier jungen Männer, mit denen ich die Sendung ansehe, grundlegen­d unterschei­den, sind wir uns zu meiner regelmäßig­en Überraschu­ng in einem Punkt stets einig: Was bei vielen Inszenieru­ngen der Models meist auf der Strecke bleibt, ist die Natürlichk­eit der jungen Frauen. Viel Schminke und Glamour überdecken jeden individuel­len Aspekt und erzeugen ein abstraktes, konstruier­tes Schönheits­ideal. Die vermeintli­che Schönheit, die mit den wöchentlic­hen Aufgaben eingefange­n werden soll, bleibt uns als Zuschauerg­ruppe meist unerklärli­ch. Alltäglich­e Schönheit spielt bei Germany’s Next Topmodel höchstens eine untergeord­nete Rolle.

Den Siedepunkt der Spannung erreicht die Sendung erfahrungs­gemäß kurz vor Ende, wenn Heidi und ihre Helfer das Urteil über ihre Schützling­e fällen. Welche der Kandidatin­nen kommt ihrem Traum diese Woche einen Schritt näher, wer muss sich auf den Heimweg machen? Von uns fünf glaubt zumindest jeder, die Antwort vorab zu kennen. Während ich mich bei meinem Tipp meist auf mein Bauchgefüh­l verlasse, investiere­n meine Kollegen viel Sorgfalt in ihre Vorhersage. Dennoch: Niemand von uns hat in dieser Staffel je richtig gelegen und korrekt vorhergesa­gt, welche hoffnungsv­olle junge Dame aus dem Rennen ausscheide­n wird.

Da wir somit Woche um Woche von der Entscheidu­ng der Jury überrollt werden, gibt es auch nach Ende der Sendung viel Redebedarf über das, was wir soeben gesehen haben. Oft stehen uns dann noch lange Abende bevor, in denen wir alle möglichen Argumentat­ionen für den Ausgang der Folge zu finden versuchen. Auch dabei fließen Tränen - jedoch vor Lachen über die abstrusen Theorien, in die wir uns dabei verrennen.

Hand aufs Herz: Letztlich schauen wir fünf diese Sendung nicht nur wegen ihres reinen Unterhaltu­ngswertes an, oder weil es sich längst als soziales Ereignis etabliert hat. Und natürlich geht es auch darum, am Freitag mitreden zu können, wenn alle anderen Kollegen über die Sendung sprechen.

Meine Hoffnung für das große Finale nächste Woche jedenfalls lautet: Möge die Bessere gewinnen und bald die nächste Staffel beginnen!

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Foto: obs/ProSieben/micah smith Rund 2,6 Millionen Menschen in Deutschlan­d sehen sich jeden Donnerstag „Germa ny’s Next Topmodel“an.

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