Vater wider Willen
Gesellschaft Wird eine Frau ungeplant schwanger und entscheidet sich für das Kind, steht auch ihr Partner in der Pflicht. Das Unterallgäuer Jugendamt kann beiden helfen
Mindelheim Wirklich gerecht ist es nicht: Wenn eine Frau ungeplant schwanger wird, kann sie entscheiden, ob sie das Kind bekommen möchte oder nicht. Ihrem Partner dagegen bleibt keine Wahl. Entscheidet sich die Frau für das Kind, wird er zwangsläufig Vater – mit allen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen. Gut möglich also, dass am heutigen Vatertag nicht allen Vätern zum Feiern zumute ist.
Eine, die diesen Aspekt der Vaterschaft sehr gut kennt, ist Monika Heiler. Sie ist beim Mindelheimer Jugendamt unter anderem für die sogenannten Beistandschaften zuständig und steht kostenlos Müttern bei, deren Partner keinen Unterhalt zahlen, oder die sich nicht sicher sind, wer der Vater ihres Kindes ist.
In diesem Fall wirft Monika Heiler erst einmal einen Blick in den Mutterpass, um einzugrenzen, welcher von mehreren Partnern am ehesten als Vater infrage kommt. „In 99 Prozent der Fälle ist dieser Mann aber nicht bereit, die Vaterschaft so ohne Weiteres anzuerkennen“, sagt Heiler, die dafür zwar durchaus Verständnis hat, in der Folge aber trotzdem ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der Va- einleiten muss. Vor Gericht schafft dann ein Vaterschaftstest Klarheit. Ist der Mann nachweislich nicht der Vater des Kindes, kommt der nächste Partner an die Reihe – so lange, bis der Richtige gefunden ist.
Bei dem gerichtlichen Feststellungsverfahren steht zum einen das Recht des Kindes im Fokus, zu wissen, von wem es abstammt. Zum anderen geht es aber auch ums Geld: Ist die Vaterschaft nicht geklärt, hat das Kind weder Anspruch auf Unterhalt noch auf ein Erbe.
Mit dem Unterhalt ist das allerdings so eine Sache: Selbst wenn die Vaterschaft eindeutig geklärt ist, bedeutet das noch lange nicht, dass die Männer bereitwillig zahlen. Auch in diesem Fall greift die Beistandschaft des Jugendamtes: Weil es das Geld für die Mutter verbucht und umgehend an sie weiterleitet, fällt dort auch auf, wenn Väter nicht oder nicht vollständig zahlen. Wenn Absprachen und Stundungsangebote nicht fruchten, setzt das Jugendamt ein Vollstreckungsverfahren in Gang. „Da muss man unter Umständen jemandem ständig nachlaufen und gucken: Wo arbeitet der jetzt, wo kann ich was pfänden“, sagt Monika Heiler. Sie schätzt, dass es im Unterallgäu jährlich zu rund 60 Vollstreckungen kommt.
Um solchem Ärger vorzubeugen, können sich auch die Väter ans Jugendamt wenden, wenn etwa eine Durststrecke zu überbrücken ist. So wie damals, als in vielen Betrieben im Landkreis Kurzarbeit herrschte. „Das war eine schwierige Zeit“, erinnert sich Monika Heiler.
Sie ist auch beteiligt, wenn die Höhe des Unterhalts festgesetzt wird und glaubt, dass das auch für die Väter ein großer Vorteil sein kann. Denn anders als vielleicht mancher Anwalt hat das Jugendamt nur das Wohl des Kindes im Blick – und nicht eine möglichst hohe monatliche Zahlung.
Die Frage „Was koscht a ledigs Kind?“muss sie in der Regel trotzdem mit „Es wird teuer“beantworterschaft ten. Bis zu einem Einkommen von 1500 Euro liegt der Satz für Kinder bis zu einem Alter von fünf Jahren bei 246 Euro monatlich, bei Sechsbis Elfjährigen sind es 297 Euro und bei Zwölf- bis Siebzehnjährigen 364 Euro. Verdient der Vater mehr, wird es entsprechend teurer. Um wie viel, legt das Jugendamt nicht willkürlich fest. Es errechnet den Unterhalt anhand der sogenannten Düsseldorfer Tabelle und zieht von diesem Betrag die Hälfte des monatlichen Kindergeldes ab.
Die Sorge, das Jugendamt könnte sich im Zuge der Beistandschaft auch in die Erziehung einmischen, ist übrigens unbegründet. „Wir quatschen da niemandem rein“, sagt Monika Heiler. Sie versteht ihre Arbeit als Dienstleistung, die nicht nur viele alleinerziehende Mütter, sondern auch die wachsende Zahl unverheirateter Eltern gerne in Anspruch nehmen. Denn während der Staat automatisch davon ausgeht, dass bei verheirateten Paaren der Ehemann auch der Vater des Kindes ist, ist das bei unverheirateten nicht der Fall. Sie müssen die Vaterschaft anerkennen lassen – entweder beim Standesamt, einem Notar oder eben bei Monika Heiler und ihren Kollegen.
Von den 1402 Kindern, die im vergangenen Jahr im Landkreis zur Welt gekommen sind, haben etwa ein Viertel, nämlich 356, unverheiratete Eltern. 344 davon haben die Vaterschaft vor oder nach der Geburt des Kindes anerkennen lassen, in fünf Fällen wurde die Vaterschaft gerichtlich festgestellt. Sieben Mütter wollten keine Angaben zum Vater machen. Sollten sie ihre Meinung ändern, können sie das allerdings nachholen.
So wie auch verheiratete Väter, die irgendwann Zweifel beschleichen, dass sie wirklich Vater ihres Kindes sind. „Oft haben sie Gerüchte gehört und dann nagt der Wurm“, sagt Monika Heiler. Meistens sei zwar nichts dahinter, doch ein paar solcher Anfechtungsverfahren gebe es jedes Jahr.