Mindelheimer Zeitung

Tauziehen um das Hotel Kreuzer

Innenstadt Klage gegen die Nutzung als steuergüns­tige Firmensitz­e. Vor dem Verwaltung­sgericht macht der Kläger nun eine überrasche­nde Aussage

- VON MICHAEL SIEGEL Foto: Markus Heinrich

Bad Wörishofen Im Fußball geht es zur Entscheidu­ngsfindung immer wieder einmal in die Verlängeru­ng – jetzt auch vor Gericht. Es geht um die Zukunft des altehrwürd­igen, inzwischen geschlosse­nen Bad Wörishofer Kurhotel Kreuzer. Obwohl das Landratsam­t die Umnutzung längst genehmigt hat, herrscht um das Projekt seit Monaten Stille. Der Grund: Ein Nachbar, selbst Unternehme­r, hat gegen diese Nutzungsän­derung und damit gegen den Freistaat Bayern geklagt. Vor dem Verwaltung­sgericht in Augsburg wurde am Mittwoch dann überrasche­nd klar, warum: Er wolle das Grundstück selbst kaufen, sagte der Unternehme­r aus dem Unterallgä­u, der sich seit vielen Jahren in Bad Wörishofen engagiert.

Die Hoteleigen­tümer sind sich allerdings längst mit einem anderen Käufer einig. Der bekannte Münch- Investor Roland Holly will anstatt einer Hotellerie Wohn- und Geschäftsr­äume einrichten. Das ehemalige Hotel soll künftig Unternehme­n als besonders steuergüns­tiger Firmensitz dienen, hatte Holly damals gegenüber unserer Zeitung erklärt. Bad Wörishofen hat bekanntlic­h mit 240 Prozent einen vergleichs­weise niedrigen Gewerbeste­uerhebesat­z. Auch das vom Stadtrat geforderte Parkhaus will Holly bauen, alles über die Bayerische Haus- und Grundbesit­z AG (BHG), deren Vorstand Holly ist. Die BHG war zur Verhandlun­g beigeladen, Beklagter ist allerdings der Freistaat. Das Landratsam­t Unterallgä­u wurde von Abteilungs­leiter Christian Baumann vertreten. Stadt und Landratsam­t haben die Nutzungsän­derung genehmigt, Baugenehmi­gungen liegen vor.

Der klagende Unternehme­r sieht sich aber in seinen Rechten als Nachbar beeinträch­tigt. Die Vorsit- zende Richterin Beate SchabertZe­idler legte in der Verhandlun­g Punkt für Punkt die Rechtslage zu den Argumenten in der Klageschri­ft dar. So gebe es im besagten Bereich der Stadt Bad Wörishofen kein „Sondernutz­ungsgebiet Kur“, sondern ein „faktisches Mischgebie­t“, wo die beantragte Nutzungsän­derung hin zu Wohn- und Geschäftsr­äumen vertretbar sei.

In Sachen Parkplätze könne der Kläger nicht auf das Gebot der Rücksichtn­ahme pochen, da er nicht unmittelba­rer Nachbar des Grundstück­s sei, weil sich eine Straße zwischen beieinande­rliegenden Grundstück­en befinde.

Und teilweise grenze das geplante neue Parkhaus an eine Fläche, die von dem klagenden Unternehme­n selbst auch für Stellplätz­e verwendet werde. Über die örtlichen Begebenhei­ten hatte sich das Gericht Anfang Mai bei einem „Augenschei­ntermin“informiert. Der Kläger quitner tierte die Ausführung­en der Richterin mit dem Satz: „Das war die beste Vorlesung, die ich seit Langem gehört habe.“

Schabert-Zeidler kündigte ein Urteil noch für Mittwoch an. Allerdings legten beide Unternehme­r keinen Wert auf eine sofortige Verkündung. Wichtiger war ihnen, mehr Zeit für weitere Verhandlun­gen. Allerdings beantragte der Nachbar, die Klage gegen die Nutzungsän­derung aufrecht zu erhalten. Das Landratsam­t dagegen beantragte Klageabweh­r. Die BHG stellte keinen Antrag.

Nach Worten von Richterin Beate Schabert-Zeidler werde die Kammer frühestens am 14. Juni ihr Urteil fällen und den Parteien schriftlic­h dann zustellen. Sollte das Gericht vorher signalisie­rt bekommen, dass sich die Parteien anderweiti­g geeinigt haben und die Klage fallen gelassen werde, sei das Urteil hinfällig.

 ??  ?? Das Kurhotel Kreuzer wurde noch zu Kneipps Zeiten gegründet. Seit Oktober ist das Traditions­haus geschlosse­n. Ein Investor aus München möchte darin Wohnungen und Bü ros unterbring­en.
Das Kurhotel Kreuzer wurde noch zu Kneipps Zeiten gegründet. Seit Oktober ist das Traditions­haus geschlosse­n. Ein Investor aus München möchte darin Wohnungen und Bü ros unterbring­en.

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