„Blauer Brief“aus dem Landratsamt ist für Stadträte ein rotes Tuch
Haushalt Dass die Kommunalaufsicht der Stadt dringend eine Gewerbesteuererhöhung nahelegt, geht einigen am Ratstisch mächtig auf die Nerven. Bürgermeister Gruschka sieht das anders
Bad Wörishofen Die Kommunalaufsicht des Landratsamtes hat der Stadt Bad Wörishofen erneut dringend eine Anhebung der Gewerbesteuer ans Herz gelegt – nur so könnte die trotz aller Sparversuche der Wörishofer „weiterhin angespannte Haushaltslage“und eine drohende „Überschuldung“verhindert werden, heißt es in einem „blauen Brief“der Kommunalaufsicht zur Genehmigung des städtischen Haushaltes, die erneut nur unter Auflagen erteilt wurde.
Knackpunkt: Seit vier Jahren steht der Gewerbesteuer-Hebesatz in Bad Wörishofen stabil bei 240 Prozent. Das ist einer der niedrigsten Werte im ganzen Landkreis Unterallgäu und sogar in ganz Bayern. Das wiederum ist nicht nur dem Landratsamt ein Dorn im Auge – auch Bürgermeister Paul Gruschka (FW) lässt keine Gelegenheit aus darauf hinzuweisen, dass sich die Stadt diesen niedrigen Gewerbesteuersatz eigentlich nicht leisten könne.
Denn schon jetzt, so das Landratsamt, stünden die „Kreditverpflichtungen mit der Leistungsfähigkeit der Stadt nicht im Einklang“. Im Klartext: Bad Wörishofen hat zu hohe Schudlen und nimmt aus Sicht der Kommunalaufsicht viel zu wenig ein, um sich weitere Ausgaben überhaupt noch leisten zu können. „Eine Erhöhung der Einnahmen ist im Bereich der Abgaben und Steuern unumgänglich“, lautet daher das Fazit von Abteilungsleiterin Doris Back.
Schon im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt und auch bei den Bürgerversammlungen hatte Rathauschef Gruschka auf die aus seiner Sicht notwendige Erhöhung der Gewerbesteuer-Hebesätze hingewiesen – die Mehrheit am Ratstisch sieht das allerdings völlig anders.
Denn zum einen sind die Räte überzeugt, dass der niedrige Gewerbesteuersatz ein hervorragendes Argument ist, wenn es darum geht, neue Unternehmen nach Bad Wörishofen zu locken. Dass dies auch so ist, betonte Wirtschaftsreferent Alwin Götzfried (FW), der die niedrige Gewerbesteuer auch als „Konjunkturprogramm für alle Betriebe in unserer Stadt“bezeichnete. Einen Dreh an der Steuerschraube lehnte er energisch ab, fordert aber gleichzeitig, die Warnungen aus dem Landratsamt ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln: „Wir müssen als Stadt endlich unternehmerisch denken, alles auf den Kopf stellen und gegebenenfalls auch knallhart von Dingen trennen, die wir uns nicht leisten können“, so Götzfried.
Den Rat der Kommunalaufsicht, die Gewerbesteuer zu erhöhen, hält er aber nach wie vor für „kontraproduktiv“, denn: „Das Schreiben ent- hält keinerlei Lösungsansätze“. Auch CSU-Rat Josef Kunder hatte die Nase voll davon, vom Landratsamt immer wieder „die Gewerbesteuer-Keule um die Ohren gehauen zu bekommen“. Finanzreferentin Michaela Bahle-Schmid (CSU) machte zudem deutlich, dass die Höhe der Gewerbesteuer „oft das Zünglein an der Waage ist“, wenn sich Unternehmer für einen Standort entscheiden. Sie gab den „schwarzen Peter“daher auch postwendend an die Kommunalaufsicht zurück und forderte das Landratsamt auf, die Besonderheiten der Kurstadt Bad Wörishofen doch bitteschön auch in die Gesamtbeurteilung aufzunehmen.
Die pauschale Kritik am Wörishofer Finanzgebaren nannte sie „bedenkenträgerisch“und wünschte sich, dass von der Aufsichtsbehörde nicht länger „Äpfel mit Birnen“verglichen werden: „Eine Kurstadt mit ihren vielfältigen Aufgaben kann man nicht nur in Paragrafen fassen“. Bei der Beurteilung der stätischen Schulden müssten auch die Ausgaben gegenübergestellt werden, die durch den Kur- und Tourismusbetrieb entstehen.
Doris Hofer von den Grünen blies ins gleiche Horn und hatte sich gleich die Mühe gemacht, die ProKopf-Verschuldung von Bad Wörishofen mit der anderer Kurstädte in vergleichbarer Größe zu vergleichen. So habe rein rechnerisch jeder Einwohner der Kneippstadt rund 1000 Euro Schulden – dies sei im Vergleich mit Kurstädten wie Bad Steben (2700), Füssen (2800), Griesbach (3400) oder Birnbach (4300) aber noch weit unterdurchschnittlich.
Weniger euphorisch war Wolfgang Hützler von den Freien Wählern, der nüchtern analysierte: „Die finanzielle Schieflage der Stadt gibt es, da beißt die Maus keinen Faden ab“.
Und auch Bürgermeister Gruschka (FW) bleibt dabei: Das Bayerische Finanzministerium verlange für Haushaltskonsolidierungskonzepte, dass die Realsteuern (Grundund Gewerbesteuer) bis zum Abschluss der Haushaltskonsolidierung mindestens in Höhe des jeweiligen Landesdurchschnitts festgesetzt werden – und dieser beträgt bei Gemeinden zwischen 10 000 und 20 000 Einwohnern 319 Prozent. Mit 240 Prozent sei Bad Wörishofen davon weit entfernt, also: „Wir müssen uns über die Gewerbesteuer unterhalten, da wird alles nichts helfen“, so Gruschka.
Spätestens im Herbst soll nun erneut im Stadtrat über alle erdenklichen Möglichkeiten diskutiert werden, wo und wie die Stadt noch den Rotstift ansetzen und sparen kann. Kämmerin Beate Ullrich versprach, dass bis dahin auch die noch fehlenden Jahresabschlüsse der Jahre 2014 und 2015 vorliegen werden.