Zwischen Sorgen, Unverständnis und Lob
Die Mutter des verletzten Schülers lobt Schulleitung und kritisiert das Verhalten auf englischer Seite
Buchloe Mit den Folgen der Prügelattacke am Ankunftstag der Sprachreise im südenglischen Badeort Bournemouth wird der 14-jährige Ostallgäuer wohl noch mehrere Monate zu kämpfen haben. Nach einem doppelten Kieferbruch ist er massiv eingeschränkt, unter anderem darf er keinen Sport machen. Auch beim Essen gibt es noch Probleme.
Seine Eltern erinnern sich gut an den Abend, als sie den Anruf bekamen und informiert wurden, dass ihr Sohn schwer verletzt ist. „Leider konnten wir selbst nicht nach England reisen. Aber die Lehrer haben sich vorbildlich um ihn gekümmert, sind im Krankenhaus rund um die Uhr bei ihm geblieben“, schildert die Mutter. Sie lobt das Verhalten der Schulleitung und der Lehrer von der ersten Minute bis zum heutigen Tag. „Das ist absolut genial. Besser hätte man es nicht machen können“, sagt die Ostallgäuerin. Was sie überhaupt nicht verstehen kann: „Warum tritt jemand grundlos auf ein hilflos am Boden liegendes Opfer mit den Füßen ein? Gegen den Kopf. Eine schreckliche Vorstellung für alle Eltern. Was da noch alles hätte passieren können“, sagt die Frau. Die gleichen Fragen stelle sich auch ihr Sohn. Immer wieder höre man von solchen Attacken – mit weitaus schlimmeren Folgen für die Opfer. Ihr Sohn werde sich wohl noch lange in kieferorthopädischer Behandlung befinden.
Und noch etwas kann sie nicht verstehen. Warum es gerade ihren Sohn getroffen hat. „Er ist ein total ausgeglichener und ausgleichender Junge, versucht, bei Konflikten immer zu schlichten.“Er sei wohl zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. „Die Chaotentruppe war auf Randale aus“, ist sie überzeugt.
Kritik übt die Mutter außerdem am Verhalten auf englischer Seite. „Wenn in Buchloe so etwas passieren würde, würden doch die Verantwortlichen in der Stadt zu Hochform auflaufen, Kontakt aufnehmen, sich kümmern, fragen, wie es den Opfern geht“, glaubt die Ostallgäuerin. Sie habe aber weder von der Sprachschule noch von der Stadt Bournemouth irgendeine Reaktion erhalten. Zwei Tage nach der Operation, also drei Tage nach dem Vorfall, ist der 14-Jährige mit seinem Klassenlehrer nach Hause geflogen, während die anderen Schüler die Sprachreise fortsetzten. Bis die Entscheidung fiel, dass die Fahrt nicht abgebrochen wird, habe es viele Telefonate und Gespräche gegeben, sagt Schulleiterin Lucia Wind, die in ihrer Laufbahn noch nie etwas Ähnliches erlebt hat. Da sich der Vorfall nicht in der Gesamtgruppe im Beisein der Lehrer ereignet hat – die Aufsichtspflicht lag an jenem Sonntagnachmittag bei den Gasteltern, sei der Informationsfluss sehr langwierig und schwierig gewesen. „Die Schüler spielten den Vorfall herunter und erzählten sehr wenig, weil sie Angst hatten, dass die Fahrt dann abgebrochen wird. Die Stimmung war trotz allem super, selbst unter den direkt Beteiligten. Sie wollten partout nicht nach Hause“, schildert die Rektorin.
Die Schulleitung hat das Kriseninterventions- und Bewältigungsteam Bayerischer Schulpsychologen (KIBBS) eingeschaltet und zwei Wochen nach der Sprachreise alle Eltern der 8. Klassen schriftlich über den Vorfall informiert. Die direkt Betroffenen haben das Gesprächsangebot zusammen mit ihren Familien angenommen. Alle Schüler und auch Familienangehörige, die nicht direkt beteiligt waren, können sich auch jetzt noch bei Bedarf an die Fachleute wenden, betont Wind. „Solche Erlebnisse können noch eine Weile das Denken und Handeln bestimmen. Die Erfahrung zeigt, dass es mehrere Wochen dauern kann, bis solche Vorkommnisse verarbeitet sind“, sagt Lucia Wind. Auch die Familie des 14-jährigen Hauptopfers wird wohl noch lange an die Ereignisse zurückdenken.