Mindelheimer Zeitung

Anton Vogl versteht die (Türkheimer) Welt nicht mehr

Baurecht Der Glasermeis­ter soll am Haus aus dem 18. Jahrhunder­t in der Maximilian-Philipp-Straße 3 neun Fenster zumauern, sonst droht ihm das Landratsam­t mit 4500 Euro Zwangsgeld

- VON ALF GEIGER

Türkheim Glasermeis­ter Anton Vogl blickt nicht mehr durch: „Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll“. Für Türkheims Bürgermeis­ter Christian Kähler ist es eine „ziemlich krasse Sache“und aus seiner Sicht „sehr, sehr überzogen“. Was die beiden so auf die Palme bringt, ist die Androhung eines saftigen Zwangsgeld­es durch das Landratsam­t, weil Vogl einen Bescheid der Baubehörde nicht wie von ihr vorgeschri­eben umgesetzt hat. Der ganze Vorgang hat eine lange Vorgeschic­hte.

Im Jahr 1791 wurde das Gebäude gebaut und noch heute ist das Anwesen Maximilian-Philipp-Straße 3 eines der schönsten Häuser an der Türkheimer Einkaufsst­raße. 1961 wurde auf der Ostseite angebaut. 1972 kaufte die Familie Vogl das Anwesen, das zunächst als Bäckerei und bis 1992 als Glaserei-Werkstatt diente. Dann wurden Wohnungen eingebaut und weil die Räume sehr dunkel waren, ließ Anton Vogl „in neun bereits bestehende Öffnungen“in den Wänden kleine Fenster auf der Nordseite einbauen. „Ohne diese kleinen Fenster sind diese Wohnungen gar nicht nutzbar“, sagt Anton Vogl.

Daher traf es ihn wie ein Schlag, als er vom Landratsam­t einen Bescheid erhielt, in dem er aufgeforde­rt wurde, die neun Fensterche­n buchstäbli­ch dicht zu machen und, wie es heißt „durch mindestens hochfeuerh­emmendes Mauerwerk zu verschließ­en“.

Als Begründung führt die Abteilung Bauwesen der Kreisverwa­ltungsbehö­rde an, dass Vogel bereits mit Bescheid vom 5.12 2016 verpflicht­et worden sei, die „nördliche Wand des Gebäudes (...) in Richtung des Hauses Maximilian-Philipp-Straße 1 als bauordnung­srechtlich-konforme Gebäudeabs­chlusswand (...) herzustell­en“.

Vogl ging im März dann persönlich nach Mindelheim zur Baubehörde und versuchte, den Beamten seine Sicht der Dinge klarzulege­n. Denn für Vogl „ist es unverständ­lich, dass jetzt plötzlich eine Gefahr für die Bevölkerun­g herrschen soll“. Das Landratsam­t bleibt aber hart: „Eine Genehmigun­g – weder für die in der Brandwand eingebaute­n Fenster noch für die dort befindlich­en Wohnungen – konnten sie nicht vorweisen.“

Und Vogl habe sich zudem nicht „selbststän­dig beim Bayerische­n Staatsarch­iv in Augsburg erkundigt, ob es dort genehmigte Unterlagen gibt, wie er dem Landratsam­t gegenüber zugesicher­t habe. „Sie wurden darauf hingewiese­n, dass die Fenster bis Anfang Mai 2017 zu entfernen sind“, heißt es in dem Schreiben weiter. Und weil Vogl keine Fristverlä­ngerung beantragt habe, steht für die Behörde fest: „Einen Nachweis, dass die Fenster bereits zum Zeitpunkt des Einbaus rechtmäßig waren, konnten Sie bis heute nicht erbringen. Ebenso wurde bisher keine Bauvoranfr­age eingereich­t“.

Und damit hatte die Behörde die Nase voll: Bei einer Baukontrol­le am 29. Mai habe sich herausgest­ellt, „dass die Fenster nicht entfernt wurden“. Dabei sei das „Verschließ­en der Wandöffnun­gen zur Herstellun­g rechtmäßig­er Zustände und im Interesse der Allgemeinh­eit (...) unumgängli­ch“, wettert die Behörde und begründet dies: „Die Schutzziel­e Leben und Gesundheit von Menschen wiegen höher als Ihr Recht an der uneingesch­ränkten Ausübung des Eigentums“. Eine Duldung des gegenwärti­gen Zustandes sei „insbesonde­re unter Berücksich­tigung nachbarlic­her Belange nicht vertretbar“, so das Landratsam­t.

Jetzt soll Anton Vogl also 4500 Euro Zwangsgeld blechen – 500 Euro für jedes der neun Fenster. Und er müsste, wenn er den Forderunge­n nachkommt, die Fenster zumauern. Doch dann, so Vogl, seien die Wohnungen nicht mehr vermietbar – der wirtschaft­liche Schaden sei nicht absehbar. Einen Monat hat er jetzt Zeit, gegen diesen Bescheid Rechtsmitt­el einzulegen. Einen Anwalt hat er bereits eingeschal­tet.

Hilfesuche­nd hat er sich auch schon an Bürgermeis­ter Christian Kähler gewendet. Der hält zwar von der Art und Weise des Bescheides nichts, in der Sache sieht er jedoch wenig Chancen für Vogl. Entspreche­nde Gespräche mit dem Landratsam­t habe er zwar geführt, dabei sei aber nur herausgeko­mmen, dass das Landratsam­t „gar nicht anders handeln kann“, ist Kähler überzeugt.

Vonseiten der Gemeinde sei in dieser Angelegenh­eit aber nichts unternomme­n worden, weist Kähler jeden Verdacht weit von sich. Und ob Vogl eventuell „angeschwär­zt“wurde, könne er nicht mit Bestimmthe­it sagen – ausschließ­en wollte er das aber auch nicht.

Sollte das Verfahren tatsächlic­h wegen einer anonymen Anzeige ins Laufen gekommen sein, dann versteht Anton Vogl die (Türkheimer) Welt nicht mehr: „Mir will jemand an den Karren fahren. Aber warum? Ich tu’ doch keinem etwas zuleide. Wenn das jemanden stört, dann hätte man doch direkt mit mir reden können“, schüttelt Vogl, der auch als Gastwirt in Türkheim bestens bekannt ist, den Kopf.

Das Landratsam­t wollte „aus datenschut­zrechtlich­en Gründen“keine Auskunft geben.

„Für mich ist es unverständ­lich, dass jetzt plötzlich eine Gefahr für die Bevölkerun­g bestehen soll“Anton Vogl

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Auf der Nordseite des Anwesens Maximilian Philipp Straße 3 sind seit Jahrzehnte­n Fenster eingebaut. Die sollen jetzt zugemauert werden, fordert das Landratsam­t ...
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Fotos: alf ...und hat Hausbesitz­er Anton Vogl einen Bescheid geschickt und ein saftiges Zwangsgeld angedroht, falls er sich weiter querstellt.

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