Mindelheimer Zeitung

Mehr sehen als hören

Der Gehörlose Simon Ollert stürmt für den FCM

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Kempten Das Wichtigste vorneweg: Dieses Interview am Rande des Benefiztur­niers in der AbtArena des TSV Kottern funktionie­rt bestens. Das ist keine Selbstvers­tändlichke­it. Immerhin führen wir es mit dem gehörlosen Fußballer Simon Ollert, Neuzugang beim FC Memmingen. Der 20-Jährige trägt, wie auch bei den Spielen, ein besonders leistungss­tarkes Hörgerät. Wir stellen die Fragen laut und bewegen die Lippen ein bisschen auffällige­r als sonst.

Die Meldung zu Ihrem Wechsel vom FC Ingolstadt ins Allgäu lautete: Einer von zwei deutschen gehörlosen Fußball-Profis wechselt nach Memmingen. Nun gibt es beim FCM gar keine Profis. Wie sehen Sie sich selbst?

Simon Ollert: Ich bezeichne mich schon als Profi und möchte sportlich auch auf diesem Niveau bleiben. Deshalb werde ich zu den Trainingse­inheiten in Memmingen vormittags für mich zu Hause in Saulgrub bei Garmisch trainieren, um meine Fitness weiter zu verbessern. Im September beginne ich zudem ein Fernstudiu­m.

Weshalb der Wechsel gerade nach Memmingen?

Ollert: Ich habe in Ingolstadt in der Regionalli­gamannscha­ft vom Trainer kaum Einsatzcha­ncen und am Ende auch keinen neuen Vertrag mehr bekommen. Memmingen sehe ich durchaus als Sprungbret­t und als Möglichkei­t, mich entscheide­nd weiterzuen­twickeln. Trainer Stefan Anderl wollte mich – das gibt mir sehr viel Selbstvert­rauen.

Wie ist Ihr erster Eindruck und vor allem die Verständig­ung mit den Mitspieler­n?

Ollert: Sehr gut. Dank eines leistungss­tarken Hörgeräts bekomme ich während des Spiels vieles mit, wenn auch nicht immer alles. Es kann schon sein, dass der Trainer etwas hineinruft aufs Spielfeld, das ich nicht verstehe. Ich glaube, dass ich das mit anderen Sinnen wieder wettmache. Ich sehe mehr und kann Laufwege und Pässe der Mitspieler ganz gut erahnen.

Ihr persönlich­es Ziel?

Ollert: Ich möchte mich in Memmingen durchsetze­n und mit der Mannschaft ähnlichen Erfolg haben wie letzte Saison. Mein großer Traum ist und bleibt die Bundesliga.

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Fragen: Freddy Schissler Foto: Thomas Weiß

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